Für Borussia Dortmund und Kapitän Emre Can ging es in den letzten Wochen bergauf, Leistungen und Ergebnisse haben sich stabilisiert. Die teils kritische Beurteilung kann er nicht ganz nachvollziehen.
BVB-Kapitän Emre Can hat eine turbulente Zeit hinter sich.
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Die letzten Minuten gegen seinen Heimatverein waren für Emre Can noch einmal recht turbulent: erst die Rote Karte nach einem Foul an Ellyes Skhiri, die nach VAR-Einsatz wieder zurückgenommen wurde, dann der Elfmeter in der Nachspielzeit, den er souverän zur Entscheidung gegen Eintracht Frankfurt vollendete. Unterm Strich blieben für den Dortmunder Kapitän nicht nur die nächsten drei Punkte einer maximal erfolgreichen englischen Woche, sondern auch die Gewissheit, dass sich seine Auftritte wie die des ganzen Teams stabilisiert haben.
“Es war eine gute Leistung, das war ganz okay”, urteilte der 30-Jährige selbst und lag damit richtig. Nach einem schwierigen Start ins neue Jahr gab Can seiner Mannschaft gegen Frankfurt und auch zuvor im Champions-League-Rückspiel gegen die PSV Eindhoven wieder mehr Stabilität. In den Wochen zuvor erweckten die Auftritte des Defensiv-Allrounder immer wieder den Eindruck, dass sein Wunsch nach viel Verantwortung dafür sorgt, dass er sich zu viel zumutet und sich nicht auf seine eigentlichen Stärken besinnt. Ballverluste in gefährlichen Räumen, riskante Abspiele mit Fehlpassgarantie und gewagte Dribblings ohne Absicherung sorgten das eine oder andere Mal für Gefahr hinter ihm.
“So kann es weitergehen. Und das ist auch mein Anspruch”
Can selbst aber will der Kritik von außen nicht zustimmen. “Es war auch nicht alles schlecht in den letzten Wochen”, sagt er: “Gegen Hoffenheim habe ich ein schlechtes Spiel gemacht, aber sonst war es okay. Ich kann das gut einschätzen.” Was geschrieben werde, sei ein Teil, er denke sich seinen. “Ich bin schon lange dabei und kann das gut einschätzen. Es war nicht alles schlecht, es war nicht alles gut.” Auf die Leistung gegen Frankfurt aber wolle er aufbauen: “So kann es weitergehen. Und das ist auch mein Anspruch.”
“Es ist manchmal unfassbar in Dortmund, was hier passiert”
Und überhaupt, auch die Diskrepanz zwischen der oft kritischen Außenwahrnehmung von Borussia Dortmund im neuen Jahr und der doch guten Ausbeute wollte der Führungsspieler nicht so stehenlassen. “Es ist manchmal unfassbar in Dortmund, was hier passiert. Es scheint so negativ zu sein, aber das ist es gar nicht”, sagt er und zählt auf: “Wir sind im Viertelfinale der Champions League, wir sind Vierter in der Bundesliga. In der Rückrunden-Tabelle dieses Jahres sind wir Zweiter, also ganz oben dabei.” Und dennoch “kommt es einem nicht so vor. Man denkt, wir hätten sehr viele Spiele verloren, aber das stimmt nicht. Wir gewinnen viele Spiele. Das ist das Entscheidende. Aber wenn man manchmal die Medien liest, dann denkt man, wir hätten zehn Spiele verloren”.
Ob die allerdings nicht immer souveränen Siege auch gegen die dann deutlich stärkeren Gegner aus Bayern, Leverkusen, Stuttgart und Leipzig bestätigt werden können, wird sich nach der Länderspielpause zeigen. Die verbringt Can wie die allermeisten seiner deutschen Mitspieler in Dortmund und nicht beim Nationalteam. Er habe im Vorfeld der Nominierung mit Bundestrainer Julian Nagelsmann telefoniert, verriet er. “Ich würde nicht sagen, dass ich enttäuscht war, weil ich es ein bisschen nachvollziehen kann. Da muss ich ehrlich sein”, gab er zu. Das Signal aber sei klar gewesen: “Er hat zu mir auch gesagt, dass die Tür noch offen ist. Wir haben noch drei Monate bis zur Europameisterschaft. Ich werde darum kämpfen.”