Der Fall Süle: So beschädigt Nagelsmann sich selbst

Niklas Süle (24) erhielt von seinem Trainer Julian Nagelsmann dienstfrei, weil der Profi nicht mit zum Spiel nach Wolfsburg wollte. Ein Kommentar von kicker-Chefreporter Karlheinz Wild.

Niklas Süle stand ihm am Sonntag in Wolfsburg nicht zur Verfügung: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann.

Niklas Süle stand ihm am Sonntag in Wolfsburg nicht zur Verfügung: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann.

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Es ist ein höchst bemerkenswerter, eigentlich schon ungeheuerlicher Vorgang, der sich da beim FC Bayern in der Vorbereitung des letzten Saisonspiels zugetragen hat. Da fragte Julian Nagelsmann, der Trainer, Niklas Süle, den Spieler, ob der mit zur letzten Partie nach Wolfsburg mitreisen wolle. Der Verteidiger “war dann im Abschlusstraining nicht mehr so von seiner Gemütslage”, berichtete Nagelsmann – frei übersetzt dürften diese Worte heißen: Süle hatte keine große Lust mehr gehabt beim gemeinsamen Üben vor dem Saisonfinale. Der Coach brach an dieser Stelle seine Ausführung ab und gab Süles ehrliche Antwort auf die eigentliche Frage wieder: “‘Eher nicht’, weil er sich jetzt nicht darauf vorbereitet hatte.” Daraufhin gestattete der Chefcoach dem Profi, zu Hause zu bleiben.

Wie viele Arbeitnehmer sind hin und wieder “eher nicht” so motiviert, wenn sie um 5 Uhr morgens zur Früh- oder um 22 Uhr nachts zu ihrer Spätschicht antreten müssen? Oder wenn sie am Sonntag ihren Job machen müssen? Sie gehen trotzdem zur Arbeit und erhalten dafür eine weitaus geringere Entlohnung als die rund acht Millionen Euro, die der Fußballprofi Süle im Jahr bekommt. Und dieses Gehalt zahlt der Arbeitgeber FC Bayern seinem Angestellten Süle sicherlich, bis dessen Arbeitsvertrag zum 30. Juni 2022 endet und er anschließend zu Borussia Dortmund weiterwandert.

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Großzügige und empathische Chefs sind gewiss allseits beliebter als Vorgesetzte, mit denen nicht zu reden ist. Aber der Cheftrainer Nagelsmann muss aufpassen, dass er mit einem derartigen Entgegenkommen die Professionalität in seiner Belegschaft und seine eigene Autorität nicht beschädigt. Mit Blick auf die neue Saison hat er sich damit keinen Gefallen getan.