Vom Postboten zum Nationalspieler: Die “Jojo”-Karriere von Jonathan Clauss

Frankreichs Rechtsverteidiger Jonathan Clauss hat einen ungewöhnlichen Werdegang hinter sich. Trug er mit 18 noch Briefe aus und kickte mit 24 in den unteren Ligen, hat er seine heutige Karriere auch dem ehemaligen Sportchef eines aktuellen deutschen Drittligisten zu verdanken.

Knapp dreieinhalb Jahre liegen zwischen beiden Bildern: Jonathan Clauss als Zweitligameister mit Bielefeld (li.) und als Länderspieltorschütze für Frankreich.

Knapp dreieinhalb Jahre liegen zwischen beiden Bildern: Jonathan Clauss als Zweitligameister mit Bielefeld (li.) und als Länderspieltorschütze für Frankreich.

imago (2)

Wenn die DFB-Elf am Samstag in Lyon (21 Uhr, LIVE! bei kicker) auf die französische Nationalmannschaft trifft, wird bei der Mannschaft von Didier Deschamps voraussichtlich ein Rechtsverteidiger auf dem Feld stehen, der vielen Fans hierzulande ein Begriff sein dürfte: Und zwar nicht der ehemalige Stuttgarter und Münchner Benjamin Pavard, der die ihm so ungeliebte rechte Defensivseite in der Equipe Tricolore in den vergangenen Jahren oft bekleidete und auf der Position 2018 Weltmeister wurde. Pavard, inzwischen beim designierten italienischen Meister Inter, dürfte auf seiner Lieblingsposition in der Innenverteidigung beginnen. Rechts verteidigt dann vermutlich Jonathan Clauss, der vor etwas mehr als dreieinhalb Jahren noch im Bundesliga-Unterhaus für Arminia Bielefeld die Schuhe schnürte.

Mittlerweile spielt Clauss in seiner Heimat für Topklub Olympique Marseille. Gewiss ein ordentlicher Sprung. Doch selbst einen Wechsel nach Bielefeld in die zweite deutsche Liga hätte Clauss zu Beginn seiner Karriere wohl kaum jemand zugetraut. Aufgewachsen unweit der deutschen Grenze, spielt er für den Nachwuchs von Racing Straßburg, wird nach der Jugend aber aussortiert. Trotz des erstmaligen Abstiegs von Racing in die National, die dritthöchste Spielklasse, und der folgenden Insolvenz, durch die es für den Traditionsverein ein Jahr später sogar bis in die Fünftklassigkeit geht, ist dort für Clauss kein Platz mehr. Er wechselt zum ASPV Straßburg in die fünfte Liga.

Ich habe bei der Post gearbeitet oder Werbeprospekte verteilt.

Jonathan Clauss über die Anfänge als Fußballer

Mit seinem neuen Verein steigt er sogar in die sechste Liga ab – und schlägt sich nebenbei mit Aushilfsjobs durch: “Ich habe bei der Post gearbeitet oder Werbeprospekte verteilt. Ich habe das getan, um die Zeit bis zum Training zu überbrücken”, erzählt der heute 31-Jährige im Interview mit 20 minutes. Später kickt Clauss kurz hinter der Grenze: In der Verbandsliga Südbaden für den SV Linx. Wieder nur sechste Liga anstatt Profifußball. Nach zwei Jahren geht es zurück in die Heimat, zuerst ein Jahr fünfte Liga in Raon, in der Saison darauf immerhin in die National zu Avranches. Erst mit fast 25 gelingt ihm der Sprung in den Profifußball: Bei Quevilly-Rouen spielt er in der Ligue 2, mal als rechter Verteidiger, mal eine Position weiter vorne. Am Saisonende steigt die Mannschaft ab – und Clauss steht wieder ohne Job da.

Ein Transfer nach Belarus platzt, nachdem dort der Trainer entlassen wird: “Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen, und ich habe gesagt: ‘Ich höre mit dem Fußball auf.'” Was der Elsässer damals noch nicht weiß, der Manager eines deutschen Zweitligisten hat ihn ebenfalls auf dem Zettel – und sogar schon live beobachtet. Die Rede ist von Samir Arabi, damals Sportchef von Arminia Bielefeld, der sich im Gespräch mit der dpa erinnert: “Er flog sogar vom Platz. Aber er hat außergewöhnliche Sachen gemacht.” Bei einem Spiel in Nancy war das, Abstiegskampf in der zweiten französischen Liga. Hört man die Namen von Clauss’ heutigen Gegnern auf internationaler Ebene, klingt das schon fast ein wenig surreal.

Durchbruch in Bielefeld – Wechsel nach Lens

Als sich Ende August 2018 Arminias Rechtsverteidiger Cedric Brunner verletzt, ist Arabi auf der Suche nach Ersatz. Und klingelt bei Clauss durch. Nach dem “wunderbaren Anruf” (Clauss) erhält dieser also doch noch eine Chance im Profifußball. Bielefeld wird mit dem offensivstarken Rechtsverteidiger nach der Übernahme von Coach Uwe Neuhaus noch Siebter, in der Saison darauf folgt dann der große Wurf: Die Arminia, zwischenzeitlich und mittlerweile erneut bis in die Drittklassigkeit abgerutscht, steigt nach elf Jahren wieder in die Bundesliga auf. Aus einer “homogenen Mannschaft” (Arabi) sticht Clauss dabei im Besonderen hervor und erzielt in 34 Spielen fünf Treffer, weitere acht legt er auf. In der kicker-Rangliste im Sommer 2020 landet er auf der Position Außenbahn offensiv nur hinter dem damaligen Stuttgarter Nicolas Gonzalez auf Platz 2, Prädikat: Herausragend.

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Arabi versucht zwar “im Rahmen unserer Möglichkeiten alles”, um Clauss zum Verbleib zu überzeugen, letztlich entscheidet dieser sich aber trotz der Aussicht auf die Bundesliga für einen ablösefreien Wechsel in die Heimat, Ligue 1-Aufsteiger RC Lens ruft. Schon damals erfährt Clauss’ steiler Aufschwung mediale Aufmerksamkeit. Dabei ist der zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorbei. Lens etabliert sich mit Stammspieler Clauss auf Anhieb in der oberen Tabellenhälfte und wird als Aufsteiger Siebter. Bereits nach einem Jahr im Norden Frankreichs wird er mit internationalen Topklubs in Verbindung gebracht und gilt als Kandidat für die Equipe Tricolore.

Im Internet kursieren Videos seiner ersten Nominierung

Bis zu seiner ersten Nominierung dauert es aber rund ein Dreivierteljahr bis in den März 2022. Diesmal klingelt, anders als damals bei Arabis Kontaktaufnahme, aber nicht das Telefon: “Als mein Name bei der ersten Nominierung im Fernsehen genannt wurde, bin ich fast in Ohnmacht gefallen. Ich glaube, ich habe einen Monat gebraucht, es zu begreifen. Es fühlte sich fast übernatürlich an.” Online existieren Videos davon, gefilmt von seinen damaligen Teamkollegen beim RC Lens. Zu sehen ist ein Fernseher in der Kabine: Es läuft die Nominierung, zunächst liest Nationaltrainer Didier Deschamps die Namen der Keeper Hugo Lloris und Mike Maignan vor, nichts Ungewöhnliches also. Dann folgt “Jonathan Clauss” – und in der Kabine bricht Jubel aus. Der Ex-Bielefelder sitzt, umringt von seinen Namen singenden Mitspielern, in der Mitte und schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen. Die restlichen Nominierten bekommt niemand mehr mit. Egal, es muss sich um die üblichen Verdächtigen handeln. Anders als bei Clauss.

Mein Leben vom 18. Lebensjahr bis heute ist wie ein Jojo.

Der heute 31-jährige Jonathan Clauss über seine ungewöhnliche Karriere

Der feiert schon kurz darauf mit 29 Jahren als zweitältester Spieler überhaupt, wie auch ein gewisser Christopher Nkunku, sein Debüt in der französischen Nationalmannschaft, und wird beim 2:1-Sieg gegen die Elfenbeinküste für Bayern-Star Kingsley Coman eingewechselt. Beim 5:0 im zweiten Test gegen Südafrika steht er sogar in der ersten Elf. Rund zwei Jahre später ist der Elsässer noch immer Bestandteil der Equipe Tricolore. Nachdem er vor der Winter-WM in Katar im letzten Moment aus dem Kader gestrichen wird, winkt ihm nun in seiner ehemaligen sportlichen Heimat Deutschland die EM-Teilnahme. In drei der letzten vier Spiele der Franzosen spielte Clauss, der inzwischen seine zweite Saison bei Olympique Marseille absolviert, von Beginn an. Beim 14:0 gegen Gibraltar im November erzielte er auch sein erstes Länderspieltor.

Gut möglich also, dass der 31-Jährige auch am Samstag im Freundschaftsspiel gegen Deutschland wieder hinten rechts anfängt. Wahrscheinlich trifft er als direkter Gegenspieler dann auf Jamal Musiala. Das deutsche Supertalent, dessen Karriere bisher in etwa gegensätzlich zu der von Clauss verlief: “Mein Leben vom 18. Lebensjahr bis heute ist wie ein Jojo”, sagt der lachend: “Was ich seitdem erlebt habe, ist absolut verrückt.”

Amadeus Wolff

Einnahmen verdoppelt: McDonald’s wird neuer Namenssponsor der Ligue 1

Geldregen für die französische Ligue 1. Der nationale Dachverband hat einen neuen Sponsorenvertrag für die Namensrechte offiziell gemacht – die Einnahmen sollen sich Medienberichten zufolge im Vergleich zum vorherigen Deal verdoppeln.

Bald Geschichte: Bis zum Sommer ist Uber Eats noch Namenssponsor der Ligue 1 - dann übernimmt McDonald's.

Bald Geschichte: Bis zum Sommer ist Uber Eats noch Namenssponsor der Ligue 1 – dann übernimmt McDonald’s.

IMAGO/AOP.Press

Aktuell ist im offiziellen Titel der ersten französischen Liga ein Lieferdienst verewigt, zur neuen Saison gibt es einen neuen Sponsor. Ab der kommenden Saison wird McDonald’s Namenssponsor der Ligue 1, die sich damit “Ligue 1 McDonald’s” nennen wird.

Wie die Ligue de Football Professionell (LFP), der Dachverband der französischen Profiligen vergleichbar mit der DFL, am Donnerstag bekanntgab, ist die Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Fast-Food-Unternehmen auf drei Jahre ausgelegt, beginnend mit dem 1. Juli 2024 und damit mit der Saison 2024/25.

Ligue 1 hofft auf weltweiten Wachstum

Die Ligue 1 erhofft sich nach eigenen Angaben durch die Partnerschaft mit McDonald’s dank deren “internationaler Dimension” einen zusätzlichen Wachstumsschub außerhalb Frankreichs und eine Weiterentwicklung der Marke.

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Ausrede Umbruch: Versinkt Gladbach im Mittelmaß?

15:38 Minuten

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Vincent Labrune, Präsident der LFP, sieht in dem Deal mit dem international weit verbreiteten Unternehmen ein “starkes Signal für die Attraktivität der Ligue 1” in einer Zeit, “in der die Begeisterung für die Ligue 1 so groß ist wie nie zuvor, insbesondere mit Rekordandrang in den Stadien”.

Einem Bericht der L‘Equipe zufolge erhält die Ligue 1 für die Namensrechte gut 90 Millionen Dollar über die drei Jahre, was eine deutliche Steigerung der Einnahmen im Vergleich zur vorherigen Partnerschaft mit Uber Eats darstellt. Demnach habe die Liga ihre Einnahmen fast verdoppelt. Uber Eats stieg 2020 als Titelsponsor in der französischen Liga ein und zahlte angeblich 16 Millionen Euro pro Jahr.

Kurioses Eigentor, bitterer Elfmeter: Lens-Keeper steht bei Pleite gegen Monaco im Mittelpunkt

Ligue 1 – Highlighty by DAZN 26.02.2024

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5:28Der RC Lens und die AS Monaco trennten sich nach einer turbulenten Partie mit 2:3. Lens’ Keeper Brice Samba erwischte dabei einen durchwachsenen Tag und stand gleich mehrfach im Mittelpunkt, bevor Takumi Minamino in der 92. Minute das Siegtor erzielte. Die Highlights gibt’s hier im Video …

“Gregoritsch gibt die Marschroute vor”: Freiburgs völlig verrückter Fußballabend

kicker-Reporter Moritz Kreilinger aus Freiburg 22.02.2024

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2:58Dank eines fulminanten Schlussspurts nach einem nicht gegebenen Elfmeter egalisierte der SC Freiburg gegen Lens einen 0:2-Rückstand noch. Dann schoss Michael Gregoritsch Freiburg in der Verlängerung zum Sieg. Ein völlig verrückter Fußballabend, wie kicker-Reporter Moritz Kreilinger berichtet.

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