Zesiger klopfte bei Kovac an die Tür

Das hatte sich der Neuzugang anders vorgestellt: Cedric Zesiger verlor in der Rückrunde seinen Platz beim VfL Wolfsburg – und feierte nun ein ordentliches Comeback. Im drohenden Abstiegskampf sieht er sich als wertvolle Waffe.

Wieder am Ball: Cedric Zesiger stand in Leverkusen erstmals in der Rückrunde in der Wolfsburger Startelf.

Wieder am Ball: Cedric Zesiger stand in Leverkusen erstmals in der Rückrunde in der Wolfsburger Startelf.

IMAGO/Uwe Kraft

Endlich mal wieder Bundesliga, endlich mal wieder Startelf. Wochenlang hatte Cedric Zesiger beim VfL Wolfsburg einen Stammplatz auf der Ersatzbank, lediglich bei Union Berlin (0:1) kam er mal für 45 Minuten für den verletzten Moritz Jenz in die Partie. In Leverkusen (0:2) feierte der Schweizer nun sein Comeback in der Anfangsformation von Trainer Niko Kovac und wusste als einer der wenigen Wolfsburger durchaus zu überzeugen (kicker-Note 3). Jetzt will Zesiger seinen Platz behaupten: “Ich weiß, was benötigt wird, um aus dieser Situation wieder rauszukommen.”

Basics seien gefragt, so der Abwehrhüne. “Es ist scheißegal, wie wir gewinnen. Hauptsache wir gewinnen. Mentalität und Leidenschaft kann und will ich einbringen.” Die Chancen stehen gut, dass Zesiger auch am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen den FC Augsburg wieder in der Wolfsburger Startelf steht. Jenz fehlt gesperrt nach seiner Gelb-Roten Karte in Leverkusen, vieles spricht für Zesiger, dem einzigen Linksfuß, als Nebenmann von Maxence Lacroix.

Zesiger über seinen Bankplatz: “Es war frustrierend”

Lange genug hat der Fünf-Millionen-Euro-Zugang von den Young Boys Bern auf der Bank gesessen. “Es war frustrierend hinsichtlich der Spielzeit in den letzten Wochen”, gibt der 25-Jährige zu. “Aber ich bin der Letzte, der sich unterkriegen lässt. Sei es persönlich oder von der Situation hier im Verein.”

Die Situation in Wolfsburg: Sieben Punkte Vorsprung sind es noch bis zum Relegationsplatz, die große Abstiegsangst ist deswegen noch nicht ausgebrochen. Dennoch: “Das Ziel war ganz klar, dass wir vorne mitspielen wollen”, betont der Verteidiger, der vom Doublesieger aus der Schweiz kam, Krisen wie die aktuelle aber schon einmal mitgemacht hat.  “Ich kenne diese Situation, hatte sie in der Schweiz auch schon bei den Grashoppers Zürich. Ich weiß, was benötigt wird, um da wieder rauszukommen.”

“Ich bin auf den Trainer zugegangen, wir hatten gute Gespräche”

Cedric Zesiger

Seine Stärken will Zesiger nun wieder häufiger auf dem Spielfeld zeigen. Deswegen suchte er zuletzt das Gespräch mit Kovac, klopfte an die Tür des Trainerbüros. “Ich bin auf den Trainer zugegangen, wir hatten gute Gespräche. Man kann bei ihm immer ins Büro gehen. Ich bin ein Spieler, der gerne weiß, woran er ist.” Noch aggressiver wolle Kovac ihn sehen, spielerisch müsse er sich weiter verbessern, so die Hinweise des Coaches.

Mit der Aggressivität sollte Zesiger jedoch, wenn er gegen Augsburg dabei ist, vorsichtig umgehen. Vier Gelbe Karten hat der Eidgenosse bereits, bei der nächsten Verwarnung wäre er gesperrt – und direkt wieder raus aus dem Team. “Wenn man ein Zeichen setzen will, muss man nicht immer eine Gelbe Karte holen”, betont der Defensivmann. “Die vier Gelben sind mir egal. Ich will der Mannschaft helfen.” Am liebsten auf dem Rasen.

Thomas Hiete

Jenz: “‘Trash Talk’? Ich lebe von Emotionen und Leidenschaft”

Moritz Jenz hat sich beim VfL Wolfsburg zum Stammspieler entwickelt. Der Innenverteidiger spricht über die komplizierte Situation, wie ihm ein Mentaltrainer hilft und warum er gerne “Trash Talk” betreibt.

Ein Dortmunder und ein Ex-Schalker: Wolfsburgs Moritz Jenz (rechts) im Streitgespräch mit Emre Can.

Ein Dortmunder und ein Ex-Schalker: Wolfsburgs Moritz Jenz (rechts) im Streitgespräch mit Emre Can.

DeFodi Images via Getty Images

Wenn’s hitzig wird auf dem Spielfeld, dann ist Moritz Jenz zuletzt nicht weit entfernt gewesen. Der Wolfsburger Innenverteidiger, außerhalb des Platzes tiefenentspannt und zurückhaltend, ist dann in seinem Element. Gegen Borussia Dortmund (1:1) legte sich der Ex-Schalker mit Emre Can an, gegen Hoffenheim (2:2) bot er dem Ex-Wolfsburger John Anthony Brooks die Stirn. Zufall ist das nicht. “Aggressive Leader? Das nehme ich an”, sagt Jenz. “Das ist mein Spiel, ich gehe gerne voran. Ich brauche das, ich lebe von Emotionen und Leidenschaft.”

Aufgesogen hat Jenz diese Art auf der Insel. Als 16-Jähriger verließ er die Heimat Berlin und wechselte nach England in die Akademie des FC Fulham, als Profi spielte er in der Saison 2022/2023 für ein halbes Jahr für Celtic Glasgow in Schottland. Gerade dort sei es extrem gewesen. “Jede andere Mannschaft hasst dich, viele Stürmer gehen ordentlich zur Sache. Das war nicht einfach, machte mich aber noch einmal härter, das hat mich sehr geprägt. Ich habe es genossen.” Und seinen Spielstil entsprechend angepasst.

“Man will in den Kopf des Gegners hineinkommen”

Moritz Jenz

Dazu gehört auch ab und an der berühmte “Trash Talk”, der nicht immer jugendfreie Austausch mit dem Gegenspieler. “Ich habe das auch in der Bundesliga jetzt schon häufig erlebt. ‘Mind Game’ gehört dazu, man will in den Kopf des Gegenspielers hineinkommen. Es ist wie ein Kampf, jeder will gewinnen, man versucht mit allen möglichen Dingen den Gegner ein bisschen anzugreifen.” Der nervigste Gegenspieler? Jenz lächelt, behält Bundesliga-Namen lieber für sich. Wenn er an Schottland zurückdenkt, kommt ihm der Kolumbianer Alfredo Morelos (jetzt FC Santos) vom Rivalen Glasgow Rangers in den Sinn. “Der Kräftige”, lacht er.

Jede Woche tauscht sich Jenz mit einem Mentaltrainer aus

Der Kopf spielt eine große Rolle im Fußball. Auf dem Rasen und auch daneben. Für Jenz nicht nur in der aktuell komplizierten Situation (“Es fühlt sich richtig schlecht an, wir haben ganz andere Erwartungen”), die er mit dem VfL durchlebt, ein wichtiger Baustein. Deswegen arbeitet der 24-Jährige mit einem Mentaltrainer zusammen, spricht einmal pro Woche mit ihm. “Ich finde es wichtig, jemanden zu haben. Wir reden über die Situation, wie ich mich fühle, es tut mir gut.” 

“Ich bin dem Trainer dankbar für sein Vertrauen”

Losgelöst von der Situation seiner Mannschaft läuft es in der Rückrunde gut für den Innenverteidiger. Jenz spielt immer, musste nur einmal ausgewechselt werden, als ihm bei Union Berlin (0:1) das Nasenbein zertrümmert wurde. Seitdem läuft er mit Gesichtsmaske auf. Hatten ihn in der Hinserie noch Verletzungen regelmäßig ausgebremst (“Am Anfang war es blöd “), so stört ihn diese nicht.

Und hat so seinen Stammplatz behauptet. “Ich war geduldig, habe meine Arbeit gemacht, bin dem Trainer dankbar für sein Vertrauen.” Das er nur zu gerne in Form von Siegen zurückzahlen würde. Am Sonntag (19.30 Uhr, LIVE! bei kicker) geht’s nach Leverkusen. Wolfsburgs Maskenmann wird auch beim Tabellenführer alles in die Waagschale werfen. 

Thomas Hiete