Union entwickelt sich in kleinen Schritten weiter

Die Eisernen agieren mit mehr Spielwitz und Selbstvertrauen. Das hängt vor allem mit dem Aufwärtstrend in der Rückrunde zusammen.

Die Offensivabteilung um Brenden Aaronson und Yorbe Vertessen (re.) von Union Berlin zeigt mehr spielerische Lösungen, aber an der Chancenverwertung mangelt es.

Die Offensivabteilung um Brenden Aaronson und Yorbe Vertessen (re.) von Union Berlin zeigt mehr spielerische Lösungen, aber an der Chancenverwertung mangelt es.

IMAGO/Matthias Koch

Mit dem Abstiegskampf hat der 1. FC Union Berlin wohl nichts nicht mehr zu tun. Bei noch sieben verbleibenden Partien beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz komfortable neun Punkte. Aber fast genauso weit sind mit sieben Zählern Rückstand die internationalen Ränge entfernt. Heißt: Schon alsbald könnte der Fall eintreten, dass die Eisernen nur noch um die goldene Ananas spielen.

“Es sah ja auch ganz lange anders für uns aus. Da waren wir da, wo gar keiner hinwill”, sagte Linksverteidiger Robin Gosens vor kurzem im Aktuellen Sportstudio. “Ich glaube, wir schulden den Fans noch ein paar Siege.” Das sei Motivation genug. Vor allem können die Berliner noch das eine oder andere Spitzenteam ärgern. So gastieren Tabellenführer Bayer Leverkusen sowie Rekordmeister Bayern München in der restlichen Spielzeit noch An der Alten Försterei.

Union Berlin: Die nächsten Gegner

Aber wenn Union gegen diese Granden bestehen will, muss die Mannschaft von Trainer Nenad Bjelica noch gehörig an der Chancenverwertung arbeiten. Laut kicker-Datenbank erspielten sich die Hauptstädter 114 Chancen, münzten jedoch lediglich 21,9 Prozent in Tore um. Das ist der drittschlechteste Wert in der Bundesliga. Nur die Kellerkinder Mainz (19,3 Prozent) und Köln (18,9 Prozent) präsentierten sich noch ungefährlicher.

Mehr spielerische Lösungen bei Union

Vor allem die drei Offensivakteure Mikkel Kaufmann (23 Jahre), Brenden Aaronson (23) und Yorbe Vertessen (23) hätten sich jüngst beim 0:0 in Frankfurt in die Torschützenliste eintragen können. Doch das Trio, das gemeinsam im 3-4-3 im Sturm aufläuft, verlor im entscheidenden Moment die Nerven, zeigte sich im Abschluss trotz freier Schussbahn zu unpräzise. “Das sind junge Leute. Kaufmann ist ein junger Stürmer, Yorbe ist neu in der Bundesliga. Er braucht ein bisschen mehr Zeit. Bei uns spielt er jetzt zentraler”, nahm Coach Bjelica sie in Schutz.

Zumindest war beim Gastspiel in den ersten 20 Minuten zu sehen, dass die Köpenicker in Puncto Spielidee und Aufbauspiel einen kleinen Schritt nach vorne gemacht haben. Nach Ballgewinn ging es in einigen Situationen zielstrebig und druckvoll nach vorne, wobei die pfeilschnellen Aaronson und Vertessen gesucht wurden. Hinzu kommt, dass generell mehr spielerische Lösungen gesucht werden, anstatt den Ball in Drucksituation blind nach vorne zu schlagen und damit auf die Methode Zufallsprinzip zurückzugreifen.

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Keine Vorwürfe von Abwehrchef Vogt

Auch der neue Abwehrchef Kevin Vogt, der in der Winterpause aus Hoffenheim geholt wurde, stellte eine Entwicklung auf spielerischer Ebene fest. “Wenn die Köpfe nicht so frei sind, musst du dir die Punkte hart erarbeiten. Das haben wir sukzessive gemacht. Jetzt sieht man das auch, dass mehr Selbstvertrauen, mehr Spielwitz dazukommt. Und deswegen kreieren wir auch mehr Chancen.”

Nur müssen diese Möglichkeiten in Zukunft genutzt werden, wenn Union aus dem Ödland der Tabelle entfliehen möchte. Einen Vorwurf wollte der 32-Jährige den Stürmern für die ausgelassenen Möglichkeiten nicht machen. “Das sind so gute Jungs, das haben sie jetzt auch wieder gezeigt. Ich glaube, die Überzeugung kommt jetzt auch so langsam, das Ding dann einfach reinzuhauen.” Vielleicht schon am kommenden Samstag gegen Primus Leverkusen (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker).

Jannis Klimburg

Kaufmann kritisch: “Ich glaube, die Qualität hat gefehlt”

Einmal mehr bringt sich Union um den eigenen Lohn. Stürmer Kaufmann gibt sich selbstkritisch.

Im Abschluss klemmt's: Mikkel Kaufmann.

Im Abschluss klemmt’s: Mikkel Kaufmann.

IMAGO/HMB-Media

Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison, dass Union Berlin zu viele Hochkaräter versiebt. So auch bei der jüngsten Nullnummer in Frankfurt. Ein Beispiel: Sowohl Yorbe Vertessen als auch Sturmpartner Mikkel Kaufmann liefen frei auf Eintracht-Keeper Kevin Trapp zu, vergaben dann aber jeweils kläglich – und trafen in beiden Fällen nicht einmal das Tor.

“Ich glaube, die Qualität hat gefehlt. Ich muss das Tor treffen”, betonte Kaufmann. Sein Schuss aus wenigen Metern landete nur am Außennetz. “Ich wollte in die kurze Ecke schießen, es war einfach schlecht.” Ähnlich sah es bei Vertessen aus, der nach einem langen Ball von Torwart Frederik Rönnow durchbrauste, dann aber mit seinem schwächeren linken Fuß deutlich zu hoch zielte.

“Ich denke, dass wir schuld waren, dass wir das Spiel nicht gewonnen haben”, erklärte Kevin Vogt. Grundsätzlich könne man mit dem Punkt aber ganz zufrieden sein, so der Abwehrchef weiter. Die ersten 20 Minuten gaben die Gäste den Ton an, erspielten sich drei Top-Chancen. Die aber auch allesamt erst durch einen Fehler der Frankfurter zustande kamen. Doch die Geschenke des Gegners nahmen die Berliner nicht an.

Berliner Chancenwucher

Union betreibt einfach zu viel Chancenwucher. “Vielleicht fehlt die letzte Konsequenz, sich selbst zu sagen: Ich hau den jetzt auf jeden Fall rein”, nannte Vogt einen möglichen Grund für die versiebten Möglichkeiten. Die ganze Wahrheit ist aber auch, dass die Köpenicker im zweiten Abschnitt viel hinten drinstanden und die Frankfurter in ihrer 20-minütigen Druckphase ebenso viele Top-Chancen nicht nutzen konnten.

Insgesamt hat eine passable Leistung ausgereicht, um einen Punkt aus Hessen zu entführen. Aber wenn Union sich aus dem Niemandsland der Tabelle befreien möchte, müssen die Berliner effektiver vor dem Tor werden. Denn aktuell bringen die Offensivakteure nicht den nötigen Torriecher oder die nötige Ruhe im letzten Drittel mit.

Jannis Klimburg