Ex-Quarterback Kaepernick zeigt sich überrascht über Ausbreitung der Kniefall-Geste

Die Geste geht 2016 um die Welt: Colin Kaepernick kniet zum Protest gegen Rassismus bei NFL-Spielen nieder. Noch immer überrascht den früheren American-Football-Star die Auswirkung. Kritik hat er ebenfalls parat.

Ex-Quarterback und steter Kämpfer gegen den omnipräsenten Rassismus: Colin Kaepernick.

Ex-Quarterback und steter Kämpfer gegen den omnipräsenten Rassismus: Colin Kaepernick.

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Der frühere Star-Spielmacher und heutige Anti-Rassismus-Aktivist Colin Kaepernick ist noch immer überrascht von der weltweiten Wirkung seiner stillen Protestgeste bei NFL-Spielen in den USA.

Natürlich habe der langjährige Quarterback der San Francisco 49ers (2011 bis 2016) und Super-Bowl-Teilnehmer von 2013 (31:34 gegen die Baltimore Ravens) gewusst, dass Rassismus ein globales Problem sei, sagte der 36-Jährige dem Magazin “GQ”. “Aber wie sich diese Aktionen über die ganze Welt ausgebreitet haben, hat mich doch überrascht. Ich wusste nicht, dass das Problem in so vielen Ländern so tief verwurzelt ist. Ich glaube nicht, dass irgendjemand diese Reaktionen hätte vorhersehen können”, erklärte Kaepernick.

Der Athlet, der sich über die Jahre stets fitgehalten und doch noch auf ein NFL-Comeback gelauert hatte, kniete 2016 als Protest gegen Alltagsrassismus und Polizeigewalt in den USA beim Abspielen der Hymne vor NFL-Spielen nieder. Dafür war er Anfeindungen ausgesetzt gewesen und vom kalifornischen Franchise letztlich entlassen worden.

Die Protestgeste aber verbreitete sich weltweit. So knieten unter anderem Fußballer bei Länderspielen, in der englischen Premier League und in der Bundesliga ebenfalls nieder, um ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen. Auch anderweitig in den USA oder auch bei Formel-1-Star Lewis Hamilton kam die Aktion an.

Das bereitet “Kap” große Sorgen

Auf der einen Seite sei es “tragisch, dass es solche Aktionen überhaupt braucht. Auf der anderen Seite stimmt es mich optimistisch, zu sehen, wie viele Menschen die Realität dessen, was in der Welt passiert, anerkennen. Das eröffnet die Möglichkeit, diese Realität zu verändern und für eine bessere Zukunft zu sorgen”, sagte Kaepernick nun weiter. Er selbst hat inzwischen in den USA zahlreiche Initiativen gegründet und Projekte finanziell unterstützt, die sich gegen Rassismus und Ausgrenzung einsetzen. Vom Magazin “GQ” wurde er für sein Engagement im vergangenen Jahr in Berlin als “Men of the Year” in der Kategorie Sport ausgezeichnet.

Der Ex-Quarterback mit dem Spitznamen “Kap” empfindet die gesellschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre in den USA allgemein allerdings als “brutal frustrierend”. Der alltägliche Rassismus und die Vorurteile gegen einzelne Bevölkerungsgruppen hätten ein Level erreicht, “das ich nicht erwartet habe”, so der frühere NFL-Profi im Interview mit GQ Germany. “Es wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, die Situation sogar noch zu verschärfen und Fortschritte, die gemacht wurden, wieder rückgängig zu machen. Wir haben es geschafft, dass so viele Menschen aufstehen und sagen, dass es so nicht weitergehen kann. Dass so viele Menschen sich dieses Problems bewusst werden – und gleichzeitig wird das Problem noch größer. Das bereitet mir große Sorgen.”

Es ist nicht immer der einfachste Weg, den ich dann einschlage, aber die Richtung ist dadurch eindeutig vorgegeben.

Colin Kaepernick

Es habe eine Aufbruchstimmung gegeben, “dass sich alles in die richtige Richtung bewegt, dass sich jetzt tatsächlich etwas ändern kann und dass wir alle auf eine bessere Zukunft zusteuern. Aber gleichzeitig war 2022 das Jahr, in dem die meisten Menschen durch Polizisten getötet wurden – in der Geschichte der USA. Die Lage wurde also noch schlimmer.”

Sein oberstes Ziel sei es deshalb, “das Leben der Menschen um mich herum und der gesamten Black Community zu verbessern”, hob Kaepernick, dessen ehemaliges Team aus San Francisco in diesem Jahr im Super Bowl wie damals mit ihm denkbar knapp verloren hatte (22:25 in der Overtime gegen die Kansas City Chiefs) hervor. “Es ist nicht immer der einfachste Weg, den ich dann einschlage, aber die Richtung ist dadurch eindeutig vorgegeben.”

dpa, sid, mag