Nach langer Zwangspause feiert Giulia Gwinn ihr Startelfcomeback in der Nationalmannschaft. Und stellt eine schon bekannte Fähigkeit unter Beweis.

Technik aus dem Lehrbuch: Giulia Gwinn verwandelt den Strafstoß zum 2:0 gegen Island.
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Als Giulia Gwinn ihren Moment gekommen sah, schnappte sie ihn sich. “Um ehrlich zu sein: Ich war ja lange nicht da, ich wusste nicht, ob es eine feste Elfmeterschützin gibt”, schilderte sie die Sekunden nach dem Strafstoßpfiff. “Ich habe beobachtet, dass keine aktiv zum Ball gegangen ist – dann habe ich mir den Ball genommen.” Niemand habe interveniert, also legte sich Gwinn die Kugel zurecht, versenkte sie flach wie präzise.
“Ich hatte in dem Moment ein gutes Gefühl. Das ist für mich das Wichtigste: Dass sich die Spielerin den Ball schnappt, die es fühlt”, erklärte die 2:0-Schützin, die beim ungefährdeten 4:0-Erfolg gegen Island ihr Startelfcomeback im Nationalteam feierte – fast ein Jahr nach ihrem bereits zweiten Kreuzbandriss.
Gegen Dänemark, im Auftaktspiel der Nations League beim 0:2, war Gwinn noch von der Bank gekommen und beim zweiten Gegentor unmittelbar beteiligt. Gegen Island erhielt sie nun von Aushilfs-Bundestrainerin Britta Carlson das Mandat von Beginn an. Ein wichtiger Schritt für die Verteidigerin des FC Bayern München, die die enttäuschende Weltmeisterschaft und das Vorrunden-Aus im Sommer nur von daheim verfolgt hatte.
Popp sieht sich nicht als Elfmeter-Spezialistin
“Die Zuschauer haben uns getragen. Es war Leben im Stadion”, freute sich die 24-Jährige über die Atmosphäre in Bochum – und strich heraus: “Das tut uns sehr gut, dass nach zuletzt nicht so guten Ereignissen die Leute trotzdem ins Stadion kommen.” 14.998 Fans waren es letztlich. “Ich hoffe”, sagte Gwinn, “wir konnten einiges zurückgeben”.
Was im Vergleich zum enttäuschenden 0:2 in Dänemark besser gelaufen sei? “Gute Frage. Wir sind enger zusammengerückt, haben uns bewusst gemacht, was es bedeutet, das Spiel zu gewinnen, weil es in der Olympia-Quali für uns um etwas geht. Wir wollten ein anderes Gesicht zeigen, das hat man von Anfang an gespürt.” In den Zweikämpfen, im wuchtigen Abschluss von Klara Bühl zum 1:0. Oder in Gwinns Elfmeterbeschluss.
Gut möglich, dass sich die Münchnerin auch künftig um die Strafstöße im Nationalteam kümmern darf. Bei der WM verwandelte Alexandra Popp zwar aus elf Metern gegen Kolumbien (1:2) – die Kapitänin sieht sich selbst aber nicht als Spezialistin aus dieser Distanz. Gwinn hatte sich derweil schon in der Vergangenheit für diese Aufgabe qualifiziert. Gegen Island bestätigte sie, vom Punkt nichts verlernt zu haben.