Allofs’ Sahnetag, Wiederholungstäter Rijkaard: Fünf besondere Duelle mit Oranje

Deutschland und die Niederlande, einst war das Fußball-Europas hitzigste Rivalität. DFB-Team und Elftal lieferten sich schon einige denkwürdige Duelle. Eine Auswahl.

Zwischen Deutschland und den Niederlanden ging es nicht selten heiß her.

Zwischen Deutschland und den Niederlanden ging es nicht selten heiß her.

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Seeler und das Schaulaufen

Die Elftal war noch lange keine Fußballmacht als sie den amtierenden Weltmeister Deutschland im März 1956 im Düsseldorfer Rheinstadion durch zwei Tore ihres launischen Ausnahmespielers Abe Lenstra rotzfrech mit 2:1 schlug.

Die Revanche gab es im nächsten Jahr durch einen deutschen 2:1-Sieg in Amsterdam, ein regelrechtes Schaulaufen der DFB-Elf folgte ein Aufeinandertreffen später: Das 7:0 1959 in Köln ist der mit Abstand höchste Triumph in Duellen der beiden Nachbarstaaten, zu dem der damals 22 Jahre alte Uwe Seeler drei Tore beitrug.

Der höchste niederländische Sieg über Deutschland war übrigens ein 3:0-Heimerfolg im Oktober 2018 in der Nations League.

Die totale Krönung bleibt aus

Ausgerechnet bei der WM in der Bundesrepublik, obwohl sie sogar amtierender Europameister war, sprachen 1974 plötzlich alle fast nur noch von den Niederlanden, die auf großer internationaler Bühne bis dato noch kaum etwas gerissen hatten.

Durch einen genialen Johan Cruyff und den niederländischen “Totalfußball”, dessen Stärke auf enormer Fitness und Vielseitigkeit seiner Spieler, deren Positionsrochaden, Kompaktheit und mitunter brutalem Pressing beruhte, pflügte die Mannschaft von Rinus Michels traumwandlerisch durch das Turnier.

Im Finale stand Oranje schließlich dem Gastgeber gegenüber, der in der ersten Gruppenphase noch enttäuscht und gegen die DDR verloren hatte, woraufhin eine dringend benötigte Leistungssteigerung erfolgte. Im Endspiel von München führte die Elftal dennoch bereits nach zwei Minuten, noch ehe ein Deutscher den Ball überhaupt berührt hatte.

Doch dann wurde Oranje mitunter zu überheblich, “Terrier” Berti Vogts hatte Schlüsselspieler Cruyff im Griff, Franz Beckenbauer war die beste Waffe gegen das niederländische Pressing, Sepp Maier wuchs im Tor über sich hinaus. Weiter vorne drehten Paul Breitner und Gerd Müller das Endspiel durch ihre Tore, sodass die vermeintlich beste Mannschaft des Turniers – wie einige fanden – am Ende nur Zweiter wurde.

Durch ein Spiel zum Torschützenkönig

Die EM 1972 hatte Gerd Müller als bester Torschütze beendet, bei der EM 1976 war es Dieter Müller – und 1980, die deutsche Serie wurde fortgesetzt, traf keiner so oft wie Klaus Allofs. Dabei war der damals 23-Jährige nur in einem einzigen Gruppenspiel erfolgreich.

Anzeigetafel bei der EM 1980

Einseitige Anzeigetafel dank Dreierpacker Klaus Allofs.
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In einer Zeit, in der die EM-Endrunde nur von acht Nationen bestritten wurde – 1972 und 1976 waren es sogar lediglich vier Teams gewesen – genügten dem Stürmer von Fortuna Düsseldorf drei Tore beim 3:2-Sieg gegen die Niederlande, die das Finale dadurch verpasste. Deutschland erreichte es und schlug Belgien 2:1 – wieder nur durch einen einzigen Torschützen: Doppelpacker Horst Hrubesch.

Ein halber Schritt

Nach 1974 hatten die Niederlande auch 1978 im WM-Finale gestanden (das sie erneut gegen den Gastgeber, Argentinien, verloren), anschließend waren sie aber wieder in der Versenkung verschwunden. Die Weltturniere 1982 und 1986 fanden ohne Oranje statt, das sich zur EM 1988, die ausgerechnet wieder in der Bundesrepublik stattfand, rechtzeitig rehabilitierte.

Diesmal trafen die beiden Kontrahenten bereits im Halbfinale aufeinander, als es das erste große Duell zwischen Weltklassestürmer Marco van Basten und dem herausragenden Manndecker Jürgen Kohler gab. Nur einmal enteilte der Niederländer seinem deutschen Bewacher entscheidend einen halben Schritt – und besorgte zwei Minuten vor Schluss das 2:1-Siegtor. Im Finale gegen die Sowjetunion holte die Elftal daraufhin ihren ersten und einzigen Titel.

“Lama”, Drama, Spiel des Lebens

Zum denkwürdigsten Duell der Rivalen kam es zwei Jahre später bei der WM in Italien. Auch weil sich Elftal-Verteidiger Ronald Koeman nach dem Sieg 1988 mit Olaf Thons Trikot den Hintern abgewischt hatte, kochte die Rivalität so hoch wie nie, im Achtelfinale von Mailand setzte Koemans Nebenmann Frank Rijkaard sogar noch mal einen drauf – oder eher zwei.

Denn gleich zweimal – nach zwei Rijkaard-Attacken gegen ihn – spuckte der Niederländer dem völlig unschuldigen Rudi Völler in die Haare, der vom argentinischen Schiedsrichter Juan Carlos Loustau in der Folge unerklärlicherweise ebenfalls des Feldes verwiesen wurde.

Zehn-gegen-zehn steigerte sich das DFB-Team anschließend, vor allem der nimmermüde Jürgen Klinsmann, Völlers alleingelassener Nebenmann, rannte sich die Seele aus dem Leib, schoss das 1:0 und machte das vielzitierte Spiel seines Lebens. Außerdem traf Andreas Brehme in einer dramatischen Partie mit einem herrlichen Schlenzer, am Ende gewann Deutschland umjubelt 2:1 – und wurde Weltmeister.

Niklas Baumgart