Defensiv-Stabilisator Reher soll dem BFC Dynamo gegen Erfurt wieder “Biss” verleihen

Nach drei Niederlagen aus den letzten fünf Spielen sucht der BFC Dynamo aktuell etwas nach Stabilität. Einer der Gründe für die schwankende Formkurve ist der Ausfall des Defensiv-Spezialisten Chris Reher. Gegen Erfurt könnte der schmerzlich vermisste Kapitän wieder in die Startelf zurückkehren.

Soll nach knapp fünf Wochen in die Startelf zurückkehren: BFC-Kapitän Chris Reher.

Soll nach knapp fünf Wochen in die Startelf zurückkehren: BFC-Kapitän Chris Reher.

IMAGO/Beautiful Sports

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Knapp fünf Wochen ist es her, dass Chris Reher das letzte Mal für den BFC Dynamo auf dem Feld stand. Am 26. Spieltag musste der Kapitän der Berliner angeschlagen beim zwischenzeitlichen 1:0-Halbzeitstand gegen den Chemnitzer FC vom Feld. Im Anschluss der 1:3-Niederlage gegen die Sachsen wurde beim 30-Jährigen ein Muskelfaserriss diagnostiziert.

In der Folge kassierte der BFC ohne seinen Rechtsverteidiger in vier Spielen bei zwei weiteren Niederlagen (0:2 gegen Luckenwalde und 1:3 gegen Viktoria Berlin) sowie zwei Siegen (3:2 gegen die VSG Altglienicke und 1:0 gegen Hertha BSC II) gleich sieben Gegentore. Dies macht, seit dem verletzungsbedingten Ausfall von Reher, zusammen zehn Gegentreffer in den vergangenen fünf Partien. “Chris sorgt für die Stabilität, die wir hinten brauchen. Mit ihm haben wir oft zu null gespielt”, sagt BFC-Trainer Dirk Kunert. “Zudem ist er als unser Kapitän einfach ein sehr wichtiger Spieler.”

Offene Rechnung und Reher-Comeback

In den vergangenen Wochen schuftete der gebürtige Bad Muskauer fleißig an seinem Comeback, wurde von den Physiotherapeuten im Bewegungswerk wieder fit gemacht und kehrt am Freitagabend in den BFC-Kader im Heimspiel gegen Rot-Weiß Erfurt zurück – inklusive Startelfeinsatz. Reher soll nun der wackeligen Defensive wieder die nötige Stabilität und “den Biss”, so Kunert, im Meisterschaftsendspurt geben. Immerhin stehen noch fünf Partien auf dem Programm. “Wir müssen aber gucken, für wie lange die Puste bei ihm reicht. Er war immerhin fast einen Monat raus”, so Kunert. Im Duell gegen die Thüringer haben die Berliner noch eine Rechnung offen. Das Hinspiel wurde mit 1:3 verloren. Es war gleichzeitig die erste Niederlage für Kunert als BFC-Coach. “Da haben wir etwas gut zu machen”, so der 56-Jährige. Dieser erwartet mit Erfurt “einen ekligen Gegner, der auch diese Saison keine schlechte Mannschaft hat”.

Selbstvertrauen und Mut können wir nicht herbeireden. Das bekommst du nicht geschenkt, sondern musst du dir erarbeiten

Erfurts Trainer Fabian Gerber (44) nimmt seine Mannschaft in die Pflicht

Während die Berliner als Tabellendritter nach wie vor mittendrin im Aufstiegsrennen sind und nur zwei Zähler Rückstand auf Spitzenreiter Energie Cottbus (beide Teams treffen am 32. Spieltag noch aufeinander) haben, findet sich das Team aus Thüringen nach Platz drei im Vorjahr nun lediglich auf Rang 13 wieder – weder nach oben noch nach unten geht etwas für die Erfurter. Dennoch nimmt RWE-Coach Fabian Gerber seine Mannschaft, die seit bereits neun Partien (fünf Niederlagen, vier Remis) auf einen Sieg wartet, in die Pflicht. “Selbstvertrauen und Mut können wir nicht herbeireden. Das bekommst du nicht geschenkt, sondern musst du dir erarbeiten”, so der 44-Jährige. Zuletzt gewannen die Erfurter Anfang Februar mit 1:0 gegen den Berliner AK. Dennoch will der BFC-Coach den Gegner nicht auf die leichte Schulter nehmen. “Kleinigkeiten sorgten zuletzt für die Erfurter Ergebnisse”, so Kunert, der nach kicker-Information trotz der zuletzt schwankenden Leistungen des Teams (noch) das Vertrauen der BFC-Verantwortlichen genießt.

Matthias Schütt

Ein Remis in Erfurt reicht: Greifswald baut Tabellenführung aus

Der Greifswalder FC kann zumindest teilweise von den Patzern der Konkurrenz profitieren und baut mit einem 1:1 bei Rot-Weiß Erfurt seine Tabellenführung leicht aus.

Im Bild: Daniel Muteba (Erfurt) gegen David Vogt (Greifswald)

Im Bild: Daniel Muteba (Erfurt) gegen David Vogt (Greifswald)

IMAGO/Bild13

Regionalliga Nordost

Es war ein Duell unterschiedlicher Stimmungslagen am Gründonnerstag: Die Erfurter, zuletzt acht Pflichtspiele in Folge ohne Sieg, trafen auf zuletzt gut aufgelegte Greifswalder, die seit sieben Spielen ungeschlagen waren. Beide Serien setzten sich auch am Donnerstagabend fort – wenngleich die knapp 5.000 Zuschauer beim 1:1 eine Partie auf Augenhöhe sahen.

Schon früh profitierte der Primus von einem Geschenk der Erfurter: Keeper Manitz verstolperte bei seiner Regionalliga-Premiere eine Rückgabe, Kocer bedankte sich und schob zur 1:0-Führung ein (6.). Es lief also nach Plan für Greifswald, doch RWE zeigte sich davon nicht geschockt und hatte durch Weinhauer sofort die Chance zum Ausgleich. Bis zur Pause blieben die Erfurter auch die bessere Mannschaft, konnten sich aber trotz eines Chancenplus nicht belohnen. Kurz vor dem Halbzeitpfiff bot sich Seaton eine Riesenchance, doch der Stürmer traf nach Vorlage von Hajrulla aus kurzer Distanz das Tor nicht. So blieb es nach 45 Minuten bei der glücklichen Führung für den Primus.

Weinhauer gleicht aus

Der GFC kam besser aus der Kabine, doch Zwingendes sprang nicht heraus. Anders auf der Gegenseite: Hajrulla eroberte einen Ball, bediente Weinhauer, der im Zentrum keine Mühe hatte, das 1:1 zu erzielen (59.). In der Folge ging keine der beiden Mannschaften mehr volles Risiko, auch wenn die Greifswalder nun mehr vom Spiel hatten. Großchancen sprangen aber nicht heraus.

So blieb es bei einer unter dem Strich gerechten Punkteteilung, auf der die Erfurter aber durchaus aufbauen können. Und auch Greifswald darf sich nach den Niederlagen der beiden Konkurrenten Cottbus und BFC Dynamo als Sieger fühlen. Der Vorsprung an der Tabellenspitze beträgt Stand Donnerstag drei Punkte.

Nach Derby-Krawallen: Erfurt-Boss Gerber schlägt Alarm

Die Randale einiger Fans im Thüringen-Derby in Jena beschäftigen den FC Rot-Weiß Erfurt noch immer. Wie die Vereinsführung nun klarmachte, könnten sich die Folgen dieser Ausschreitungen in vielen elementaren Bereichen extrem negativ auswirken.

“Könnte zur Zerreißprobe werden”: Erfurts Geschäftsführer Franz Gerber blickt nach den Randalen im Thüringen-Derby sorgenvoll in die Zukunft.

IMAGO/Karina Hessland

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Die Fankrawalle beim Thüringen-Derby haben den FC Rot-Weiß Erfurt bis ins Mark getroffen. Welche Auswirkungen die Attacken einiger Chaoten haben werden, die Leuchtraketen auf Jenaer Zuschauer abschossen, ist noch nicht abzusehen. Franz Gerber jedenfalls schlägt Alarm: “Dieser Wahnsinn in Jena könnte zur Zerreißprobe für unseren Verein werden. Das kann uns die Regionalliga kosten.”

Der Geschäftsführer des Nordost-Viertligisten bezeichnete die Angriffe als abstoßend und kriminell. Vorstandssprecher Lars Fuchs kündigte eine Aufklärung darüber an, wie die Randalierer an die Karten im Rot-Weiß-Gästeblock kommen konnten. 1500 Anhänger waren beim Derby zugelassen, wobei sämtliche Tickets innerhalb von nicht einmal drei Stunden ausschließlich an Vereinsmitglieder und Dauerkarteninhaber verkauft wurden.

Künftig ohne Gäste-Fans?

Während der Nordostdeutsche Fußball-Verband (NOFV) inzwischen ein Verfahren eingeleitet hat, diskutiert man beim FC Rot-Weiß erste Konsequenzen. So werde laut Gerber in Erwägung gezogen, bei Hochrisikospielen künftig auf auswärtige Zuschauer zu verzichten. “Es ist traurig, dass man so weit gehen muss. Als Heimverein hat man dadurch zwar auch finanzielle Einbußen, und für den Gastverein ist es sicher eine sportliche Schwächung. Aber damit würde das größte Konfliktpotenzial gebannt werden.” NOFV-Präsident Hermann Winkler erteilte jenen Überlegungen im MDR-Interview aber bereits eine Absage.

Rot-Weiß-Vorstandssprecher Fuchs befürchtet als Strafe derweil sogar Geisterspiele oder einen Punktabzug. Aber selbst eine Geldbuße würde den Klub hart treffen, nachdem man bereits in der vergangenen Saison 70.000 Euro wegen des Abbrennens von Pyrotechnik durch die eigenen Fans zahlen musste. “Wir haben dafür extra ein Darlehen aufnehmen müssen, das wir noch gar nicht abbezahlt haben”, sagt Gerber.

Erschwerte Suche nach Unterschiedsspielern

Nicht nur angesichts der Attacken einiger Stadionbesucher ist bei Rot-Weiß die Stimmung am Boden. Das 1:3 in Jena war das sechste Spiel ohne Sieg in Serie. Die Vorkommnisse vom Thüringen-Derby haben allerdings die Hoffnungen nachhaltig erschüttert, den Kader im Sommer qualitativ zu verbessern. “Wir wollen Unterschiedsspieler holen, damit wir eine bessere Saison absolvieren. Aber wenn solche enorme Kosten auf uns zukommen, können wir uns das gar nicht leisten”, sagt Trainer Fabian Gerber.

Vorstandssprecher Fuchs sieht unterdessen das Image des gesamten Vereins geschädigt: “Was beim Derby passiert ist, hat natürlich auch Einfluss darauf, wenn ich für den Nachwuchs auf Sponsorensuche gehe.”

Axel Lukacsek

Nach Derby-Krawallen: Erfurt-Boss Gerber schlägt Alarm

Die Randale einiger Fans im Thüringen-Derby in Jena beschäftigen den FC Rot-Weiß Erfurt noch immer. Wie die Vereinsführung nun klarmachte, könnten sich die Folgen dieser Ausschreitungen in vielen elementaren Bereichen extrem negativ auswirken.

“Könnte zur Zerreißprobe werden”: Erfurts Geschäftsführer Franz Gerber blickt nach den Randalen im Thüringen-Derby sorgenvoll in die Zukunft.

IMAGO/Karina Hessland

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Die Fankrawalle beim Thüringen-Derby haben den FC Rot-Weiß Erfurt bis ins Mark getroffen. Welche Auswirkungen die Attacken einiger Chaoten haben werden, die Leuchtraketen auf Jenaer Zuschauer abschossen, ist noch nicht abzusehen. Franz Gerber jedenfalls schlägt Alarm: “Dieser Wahnsinn in Jena könnte zur Zerreißprobe für unseren Verein werden. Das kann uns die Regionalliga kosten.”

Der Geschäftsführer des Nordost-Viertligisten bezeichnete die Angriffe als abstoßend und kriminell. Vorstandssprecher Lars Fuchs kündigte eine Aufklärung darüber an, wie die Randalierer an die Karten im Rot-Weiß-Gästeblock kommen konnten. 1500 Anhänger waren beim Derby zugelassen, wobei sämtliche Tickets innerhalb von nicht einmal drei Stunden ausschließlich an Vereinsmitglieder und Dauerkarteninhaber verkauft wurden.

Künftig ohne Gäste-Fans?

Während der Nordostdeutsche Fußball-Verband (NOFV) inzwischen ein Verfahren eingeleitet hat, diskutiert man beim FC Rot-Weiß erste Konsequenzen. So werde laut Gerber in Erwägung gezogen, bei Hochrisikospielen künftig auf auswärtige Zuschauer zu verzichten. “Es ist traurig, dass man so weit gehen muss. Als Heimverein hat man dadurch zwar auch finanzielle Einbußen, und für den Gastverein ist es sicher eine sportliche Schwächung. Aber damit würde das größte Konfliktpotenzial gebannt werden.” NOFV-Präsident Hermann Winkler erteilte jenen Überlegungen im MDR-Interview aber bereits eine Absage.

Rot-Weiß-Vorstandssprecher Fuchs befürchtet als Strafe derweil sogar Geisterspiele oder einen Punktabzug. Aber selbst eine Geldbuße würde den Klub hart treffen, nachdem man bereits in der vergangenen Saison 70.000 Euro wegen des Abbrennens von Pyrotechnik durch die eigenen Fans zahlen musste. “Wir haben dafür extra ein Darlehen aufnehmen müssen, das wir noch gar nicht abbezahlt haben”, sagt Gerber.

Erschwerte Suche nach Unterschiedsspielern

Nicht nur angesichts der Attacken einiger Stadionbesucher ist bei Rot-Weiß die Stimmung am Boden. Das 1:3 in Jena war das sechste Spiel ohne Sieg in Serie. Die Vorkommnisse vom Thüringen-Derby haben allerdings die Hoffnungen nachhaltig erschüttert, den Kader im Sommer qualitativ zu verbessern. “Wir wollen Unterschiedsspieler holen, damit wir eine bessere Saison absolvieren. Aber wenn solche enorme Kosten auf uns zukommen, können wir uns das gar nicht leisten”, sagt Trainer Fabian Gerber.

Vorstandssprecher Fuchs sieht unterdessen das Image des gesamten Vereins geschädigt: “Was beim Derby passiert ist, hat natürlich auch Einfluss darauf, wenn ich für den Nachwuchs auf Sponsorensuche gehe.”

Axel Lukacsek

Thüringen-Derby kurz vor Abbruch: “Ihr seid keine Fans, so ist keiner, der den Fußball liebt”

Der 3:1-Erfolg des FC Carl Zeiss Jena rückte im Thüringen-Derby gegen Rot-Weiß Erfurt in den Hintergrund. Schuld waren einmal mehr Chaoten, die beinahe für einen Abbruch gesorgt hätten.

Pyro-Chaoten sorgten am Samstag fast für einen Spielabbruch im Thüringen-Derby.

Pyro-Chaoten sorgten am Samstag fast für einen Spielabbruch im Thüringen-Derby.

IMAGO/Bild13

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Der FC Carl Zeiss Jena hat mit einem fußballerisch gefälligen Auftritt das 107. Thüringenderby gegen den FC Rot-Weiß Erfurt für sich entschieden. Mit 3:1 gewann die Elf von Trainer Henning Bürger am vergangenen Samstag vor 12.500 Zuschauern im ausverkauften Ernst-Abbe-Sportfeld.

Es war ein Spiel, dass die Jenaer über weite Strecken fest im Griff hatten. RWE reiste mit personellen Problemen an, rührte mit einer Fünfer-Abwehrkette reichlich Beton an. Hier, so erklärte es Bürger hinterher, habe man Probleme gehabt, Räume hinter dieser Kette zu bekommen. Und so musste ein Standard, ein Freistoß von Justin Petermann her, in den Verteidiger Burim Halili noch den Kopf hielt, um in Führung zu gehen. Bürger: “Das erste Tor war wichtig. Die Aufregung war auch bei uns groß.”

Das merkte man vor allen Dingen zwei Youngstern an. Der 19-jährige Justin Smyla stand als Außenverteidiger in der Startelf, zur Pause übernahm A-Junior Paul Krämer für den verletzen Nils Butzen die andere Abwehrseite – und beide Talente verdienten sich ein Sonderlob von Henning Bürger, der fand, dass sie ihre Sache gut gemacht haben. Dass er auf diese Talente setzt, verstehe sich von selbst, ergänzt der FCC-Trainer: “Das ist unser Weg.”

Jeder einzelne Zuschauer muss sich hinterfragen, was ihm durch den Kopf geht oder ob überhaupt was durch den Kopf geht.

Henning Bürger, FCC-Coach

Nach der Pause war es dann Elias Löder, der mit einem Doppelpack das Derby für Carl Zeiss entschied. Es waren die Saisontore 17 und 18 für den aus Halle gekommenen offensiven Mittelfeldspieler des FC Carl Zeiss, der noch einen Vertrag bis zum Sommer 2025 an den Kernbergen hat.

Allerdings rückte das sportliche Geschehen zehn Minuten vor dem offiziellen Ende der Partie beim Stand von 3:1 in den Hintergrund. Aus dem Erfurter Gästeblock zündeten Chaoten nicht nur Böller, sondern schossen auch mit Leuchtraketen gezielt auf Jenaer Fans. Schiedsrichter Michael Nähter aus Neschwitz blieb keine andere Wahl, als beide Mannschaften zurück in die Katakomben zu beordern, bis die Lage sich beruhigte. “Wenn hier Raketen quer geschossen werden auf Zuschauer, dann ist eine Grenze überschritten. Jeder einzelne Zuschauer muss sich hinterfragen, was ihm durch den Kopf geht oder ob überhaupt was durch den Kopf geht”, sagte Zeiss-Coach Bürger hinterher.

Auch die Erfurter äußerten sich in einer Vereinsmeldung schockiert, distanzieren sich klar von den Vorfällen. “Eine Gefährdung von Zuschauern in diesem Maße zu provozieren, entspricht einer Idiotie, für welche wir kein Verständnis aufbringen können. Wir entschuldigen uns ausdrücklich bei allen Zuschauern und Geschädigten und versichern, eine detaillierte Aufarbeitung mit allen Beteiligten vorzunehmen und entsprechende Konsequenzen folgen zu lassen. Das, was geschehen ist, verurteilen wir ausdrücklich. Jedem, der uns fair unterstützt hat, gebührt unser Dank. Allen anderen ist zu sagen: Ihr seid keine Fans, so ist keiner, der den Fußball liebt. Ihr seid nicht Fußball und ihr seid nicht Rot-Weiß Erfurt.”

Über eine halbe Stunde war das Spiel unterbrochen und wurde dann nur unter der Maßgabe fortgesetzt, dass es zu keinerlei weiteren Zwischenfällen kommt. Mit dem Fast-Abbruch wird sich nun das Sportgericht des NOFV beschäftigen. Beiden Vereinen drohen hohe Geldbußen.

Ralph-Peter Palitzsch

Thüringen-Derby am Rande des Spielabbruchs: Jena verschärft Erfurts Krise

Am späten Samstagnachmittag setzte sich der FC Carl Zeiss Jena völlig verdient mit 3:1 im Thüringen-Derby gegen Rot-Weiß Erfurt durch. Der Derbysieg wurde überschattet von einer längeren Spielunterbrechung.

Jubel nach dem 2:0: Carl Zeiss Jena schlägt Erfurt.

Jubel nach dem 2:0: Carl Zeiss Jena schlägt Erfurt.

IMAGO/Bild13

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Emotionen, Kampf, Leidenschaft: Die Anfangsphase entsprach genau dem, was man sich unter einem Derby eben vorstellt. Beide Teams suchten zu Beginn nach dem Rhythmus, hielten das Risiko gering und überbrückten das Mittelfeld mit vielen langen Bällen.

Ab der 15. Minute kam Jena besser in die Partie und wagte sich an erste Kombinationen über mehrere Stationen. Im letzten Drittel fehlte es aber zunächst weiterhin an der nötigen Präzision.

Halilis Haarspitzen bringen Jena in Front

Auf der Gegenseite bot sich den Gästen die erste Chance der Partie. Lehmann setzte sich auf links durch, seine Hereingabe wurde allerdings zur Ecke abgeblockt. Besser machten es die Hausherren in der 21. Minute. Petermann zog einen Halbfeldfreistoß auf den ersten Pfosten, wo Halili mit den Haarspitzen an den Ball kam. Die Flugkurve änderte sich zwar nicht, irritierte aber Torhüter Schellenberg so sehr, dass ihm der Ball durch die Hosenträger über die Linie rutschte.

Der Führungstreffer gab Jena Rückenwind. Der FCC hatte alles unter Kontrolle und hätte kurz vor der Pause beinahe nachgelegt. Wieder wurde es nach einem Petermann-Freistoß gefährlich. Sezer kam diesmal nicht an die Kugel, Schellenberg bereinigte die Situation per Faustabwehr. Noch dicker war die Chance, die sich Sezer in der 44. Minute bot. Nach einem Konter war der Angreifer auf und davon, Startsev schmiss den Turbo an und verhinderte das 0:2 mit einer Monstergrätsche. Somit ging es mit der unterm Strich verdienten Jenaer Führung in die Kabinen.

Nach der Pause änderte sich erstmal wenig am vorherrschenden Bild. Jena machte das Spiel, Erfurt bekam keinen Fuß in die Tür. In der 62. Minute erhöhte Jena auf 2:0 – und das nur, weil Erfurt die Hausherren zum Toreschießen einlud. Zeller setzte seinen Keeper Schellenberg mit einen katastrophalen Querpass unnötig unter Druck. Der Schlussmann agierte auch nicht konsequent und versuchte das scharfe Zuspiel zu verarbeiten, statt die Kugel auf die Tribüne zu jagen. Löder bedankte sich und drückte den frei im Sechzehner liegenden Ball über die Linie.

Jena macht den Deckel drauf – Raketen sorgen für Spielunterbrechung

In der 72. Minute leuchtete er dann aber plötzlich noch einmal auf, der Erfurter Hoffnungsfunken. Lehmann wurde auf links perfekt freigespielt, seine Hereingabe wurde am ersten Pfosten clever durchgelassen und von Weinhauer versenkt. Geht da noch was für Erfurt? Die Antwort: Nein. Im Stile eines Feuerwehrmannes rückte Löder nur zwei Minuten später mit dem Feuerlöscher an und erstickte die schwache Erfurter Flamme nach einem 50-Meter-Sprint von der Mittellinie mit einem strammen Flachschuss ins linke Eck.

26. Spieltag

Mit dem 3:1 war die Partie nun entschieden. Was folgte, waren unschöne Szenen. Aus dem Erfurter Block flogen zahlreiche Leuchtraketen auf die Jenaer Tribüne. Die Partie wurde folgerichtig unterbrochen, die Mannschaften zogen sich in den Stadion-Innenraum zurück. Lange stand die Partie auf der Kippe, weil sich beide Fanlager nicht beruhigen ließen. Nach über 40 Minuten pfiff Schiedsrichter Michael Näther schließlich doch noch einmal an. Zwar knüpften die Teams nahtlos an das hohe Tempo vor der Unterbrechung an, am Spielstand sollte sich nichts mehr ändern. Jena setzte sich am Ende hochverdient mit 3:1 durch und blieb zum fünften Mal in Folge unbesiegt. Für Rot-Weiß Erfurt das sechste Spiel in Folge ohne einen Sieg.

Vor dem Thüringen-Derby: Bei Rot-Weiß Erfurt ist Feuer unterm Dach

Rot-Weiß Erfurt steht im Niemandsland der Regionalliga Nordost. Anlass für Fans und Trainer Fabian Gerber, den Umgangston nach zuletzt enttäuschenden Darbietungen zu verschärfen. Dem Thüringen-Derby am Samstag in Jena kommt für die Stimmungslage somit enorme Bedeutung zu.

Durststrecke: Der FC Rot-Weiß Erfurt wartet seit fünf Spielen auf einen Sieg.

Durststrecke: Der FC Rot-Weiß Erfurt wartet seit fünf Spielen auf einen Sieg.

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Sportlich ist die Saison abgehakt, aber das Thüringen-Derby elektrisiert allen Misserfolgen der eigenen Mannschaft zum Trotz die Anhänger. Als der FC Rot-Weiß für das Regionalliga-Spiel am Samstag beim FC Carl Zeiss Jena die 1500 Gästetickets zum Verkauf anbot, war das Kontingent in nicht einmal drei Stunden vergriffen. Vom starken Interesse profitierte auch der Klub, da beim Vertrieb zunächst Mitglieder und Dauerkarteninhaber bevorzugt wurden. In diesem Zuge gingen 100 Anmeldeformulare ein.

Obwohl der Traum vom Titelkampf schon im Herbst geplatzt und das Polster zu den Abstiegsrängen groß genug ist, steht die Elf unter Druck. Nach nur zwei Siegen aus sieben Spielen in diesem Kalenderjahr sind die Fans enttäuscht. Als Erfurt zuletzt gegen Aufsteiger Eilenburg zu Hause mit Ach und Krach ein 2:2 erreichte, entrollten die Anhänger ein Banner mit einer unmissverständlichen Botschaft: “Schluss mit Ausreden – Derbysieg!”

Wir brauchen die Mentalität, sein Herz auf dem Platz zu lassen. Diese Einstellung haben viele bei uns nicht.

Erfurts Trainer Fabian Gerber

Allerdings leistete sich der FC Rot-Weiß in dieser Saison vor allem auswärts ernüchternde Auftritte. Auf fremdem Platz gab es im August den letzten Sieg. Zuletzt kassierte man in Meuselwitz vier, in Zwickau sogar fünf Gegentreffer. Danach war Feuer unterm Dach. Trainer Fabian Gerber, der sich sonst schützend vor die Mannschaft stellt, zählte offen seine Spieler an: “Wir brauchen die Mentalität, sein Herz auf dem Platz zu lassen. Diese Einstellung haben viele bei uns nicht.”

Turbulent ging es in der 121-jährigen Geschichte des Derbys beider Städte schon immer zu. Im ersten Duell nach dem Zweiten Weltkrieg lieferten sich nach einem Erfurter 2:1 die Fans hinterher erstmals Handgreiflichkeiten. 1953 mussten die Rot-Weiß-Spieler mit einer Fähre über die Saale flüchten, weil aufgebrachte Jena-Fans die Heimfahrt des Busses blockierten. Vor 21 Jahren boykottierte der FC Rot-Weiß nach einem 2:0 im Landespokalfinale aus Ärger über den aus ihrer Sicht unfairen Spieltermin nur zwei Tage nach dem Saisonende die Entgegennahme des Pokals.

All das erklärt die Brisanz, obwohl sich diesmal der sportliche Zündstoff in Grenzen hält. Das wissen auch die Spieler. Unter diesem Blickwinkel sind die Aussagen vor dem Derby zu verstehen. Eigengewächs Til Schwarz, der gegen Eilenburg wegen einer Muskelverletzung ausgewechselt werden musste, sagte unmissverständlich: “Zur Not spiele ich auch mit nur einem Bein.” Wie es aussieht, muss Schwarz aber wohl von der Tribüne aus verfolgen, ob seine Mannschaft ausgerechnet in Jena den Auswärtsfluch besiegt.

Axel Lukacsek

26. SPIELTAG