Nach Tränen auf der Bank: Richarlison holt sich psychologische Hilfe

Tottenham-Angreifer Richarlison durchlebt nicht nur sportlich eine schwierige Zeit. Nun erklärte er, warum er während Brasiliens WM-Qualifikationsspiel gegen Bolivien weinte.

Hinter ihm liegt offenbar nicht nur sportlich keine leichte Zeit: Richarlison.

Hinter ihm liegt offenbar nicht nur sportlich keine leichte Zeit: Richarlison.

Getty Images

Bei den Tottenham Hotspur hat er seit dieser Saison einen offensivfreudigen Trainer, bei der brasilianischen Nationalmannschaft seit kurzem auch. Doch weder unter Ange Postecoglou noch unter Fernando Diniz gelang Richarlison bislang ein Tor. Und so passte es für viele ins Bild, als der Angreifer nach seiner Auswechslung im WM-Qualifikationsspiel gegen Bolivien am vergangenen Freitag (Ortszeit) mit Tränen in den Augen auf der Bank saß, obwohl Brasilien mit 4:1 führte.

Doch offenbar steckt weitaus mehr hinter dieser Szene – und womöglich auch hinter der anhaltenden Flaute. “In den vergangenen fünf Monaten habe ich abseits des Platzes eine turbulente Zeit durchlebt”, sagte Richarlison nun der brasilianischen Zeitung “O Globo”. “Jetzt sind die Dinge zu Hause ein wenig stabiler. Die Leute, die es nur auf mein Geld abgesehen hatten, sind nicht länger in meinem Umfeld.” Medienberichten zufolge hat sich der 26-Jährige von seinem Berater getrennt.

Richarlison erklärt “Moment der Traurigkeit”

“In diesem Moment der Traurigkeit ging es nicht darum, dass ich schlecht gespielt habe”, erklärte Richarlison. “Es ging mehr darum, die Dinge, die abseits des Platzes passiert sind, aus meinem System zu bekommen, das außer Kontrolle geraten war – nicht wegen etwas, das ich getan hatte, sondern wegen Menschen, die mir nahestanden.”

Nun aber käme alles wieder “in Fluss”, zeigte sich Richarlison zuversichtlich und kündigte an: “Ich werde nach England zurückkehren und mir psychologische Hilfe suchen, bei einem Psychologen, um meinen Kopf zu stärken.”

Der Offensivmann hatte in der vergangenen Premier-League-Saison in 27 Einsätzen nur einmal getroffen und ging auch nach Harry Kanes Abschied an den ersten vier Spieltagen der neuen Spielzeit leer aus. Anders als beim 5:1 gegen Bolivien traf er zwar am Mittwoch (Ortszeit) beim 1:0-Sieg in Peru im Nationaldress – doch sein Kopfballtor wurde nach siebenminütiger VAR-Unterbrechung einkassiert.

Marquinhos in der Schlussminute: Brasilien hält Schritt mit Argentinien

Nach Argentinien hat sich auch Brasilien in der WM-Qualifikation schadlos gehalten. Eine Glanzleistung war der 1:0-Sieg in Peru allerdings nicht.

Befreiend: Marquinhos bejubelt sein Siegtor.

Befreiend: Marquinhos bejubelt sein Siegtor.

AFP via Getty Images

Nach dem 5:1 über Bolivien setzte Interimscoach Fernando Diniz auf dieselbe Elf noch einmal – und wurde darin erst spät bestätigt. Bis kurz vor Schluss mussten er und die Fans der Seleçao auf den erlösenden Treffer warten. Marquinhos köpfte in Lima in der 90. Minute einen Eckball von Neymar ins Tor.

“Niemand hat geglaubt, dass wir zu diesem Zeitpunkt aus einem ruhenden Ball heraus treffen könnten, aber auch das gehört zu unserem Spiel”, sagte der Verteidiger von Paris St. Germain danach.

Guerrero bei Peru in der Startelf

Zuvor hatten sich ins Spiel des Rekordweltmeisters viele Fehlpässe eingeschlichen. In der ersten Hälfte nahm der VAR zwei brasilianische Tore wegen Abseits zurück, davon ein Kopfballtor von Richarlison, bei dem die Prüfung sieben Minuten in Anspruch nahm.

Durch den Sieg über die Peruaner, bei denen der ewige Paolo Guerrero in der Startelf stand, bleibt Brasilien an der Spitze der Südamerika-Qualifikationsgruppe – vor den punktgleichen Argentiniern, die 3:0 in Bolivien gewonnen hatten.

Neymar überholt und jubelt wie Pelé: Brasilien überzeugt bei Diniz’ Premiere

Neymar hat Pelé als brasilianischen Torschützenkönig überholt, dem 31-Jährigen gelang beim 5:1 gegen Bolivien ein Doppelpack. Eine kleine Hommage für “O Rei” ließ er sich dabei auch noch einfallen.

Gefeiert wie der König: Neymar gegen Bolivien.

Gefeiert wie der König: Neymar gegen Bolivien.

Getty Images

Zunächst stand die Partie für Neymar unter keinem guten Stern. Viele sahen seine Rückkehr in die Selecao kritisch und hätten lieber einen harten Cut nach dem Viertelfinal-Aus bei der WM bevorzugt – eben ohne den umstrittenen Angreifer, der inzwischen in Saudi-Arabien kickt. Als Neymar gegen Bolivien dann auch noch in der 17. Minute einen Elfmeter so kläglich verschoss, dass Keeper Viscarra die Kugel sogar festhalten konnte, drohte sein Auftritt im Mangueirao-Stadion von Belem ein Reinfall zu werden.

Nur sieben Minuten später brachte Rodrygo Brasilien allerdings in die Spur, und damit offenbar auch Neymar. Das 2:0 von Raphinha kurz nach der Pause bereitete er vor, ehe er in der 61. Minute selbst zuschlug. In der Nachspielzeit setzte er nach dem zwischenzeitlichen 1:4 von Abrego sogar noch einen drauf, es waren seine Länderspieltreffer 78 und 79.

Neymar ahmt Pelés Jubel nach

Damit hat er nun zwei Treffer mehr als der im Dezember 2022 verstorbene Pelé auf dem Konto. Bei seinen Treffern gedachte er dem dreimaligen Weltmeister, indem er hochsprang und zu einem Faustschlag in die Luft ausholte. Ein Jubel, für den Pelé berühmt war.

“Ich bin sehr glücklich, ich habe keine Worte dafür”, sagte Neymar. “Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Rekord erreichen würde.” Interims-Nationaltrainer Fernando Diniz, der das Amt bis zur Übernahme von Carlo Ancelotti im kommenden Jahr besetzt und gegen Bolivien sein Debüt feierte, sprach seinem Star nach der Partie das Vertrauen aus. “Es ist schwer, einen ihm ebenbürtigen Spieler zu finden. Er ist ein Ausnahmetalent”, sagte der 49-Jährige.

Der fünfmalige Weltmeister Brasilien trifft am kommenden Dienstag in seinem zweiten Qualifikationsspiel in Lima auf die peruanische Nationalmannschaft.

Guardiolas Gegenentwurf: Warum Brasilien unter Diniz komplett anders spielen wird

Brasiliens Fußball freut sich auf Carlo Ancelotti, der 2024 als Nationaltrainer übernehmen wird. Doch sein Platzhalter Fernando Diniz löst noch mehr Euphorie aus.

Brasilien ist Rekordweltmeister. Daher rührt die Sonderstellung, die die Seleçao im Weltfußball nach wie vor einnimmt, aber nur bedingt. Immerhin ist seit 2002 kein Titel mehr dazugekommen. Es waren vielmehr die spielerischen Höhen, die die Zauberer vom Zuckerhut erreichten, die Brasilien zwar nicht zum Mutterland des Fußballs werden ließen, aber gewissermaßen zum Mutterland des schönen Fußballs.

Als Schönheit und Erfolg in der bis heute wohl umjubeltsten aller Weltmeister-Mannschaften gipfelten, 1970 in Mexiko, war Paulo Cesar Caju dabei. An diese Tage denkt der heute 74-Jährige noch gerne, inzwischen unterstützt er die Seleçao nicht mehr. “Die Philosophie ist zu pragmatisch”, klagt er. “Dass wir 1982 verloren haben, ist doch egal. Über die Mannschaft von 1994 redet schließlich keiner mehr.”

Als Zico und Socrates scheiterten, veränderte sich Brasiliens Spielweise grundlegend

Die beiden Weltmeisterschaften in den 1980er Jahren, als Zico, Socrates und Co. noch schöner spielten als die 1970er, sie in ihrer Schönheit – oder Naivität – jedoch “starben”, hatten den Fußball der brasilianischen Nationalmannschaft nachhaltig verändert. In der Folge spielte die Seleçao strukturierter, vorsichtiger, defensiver. Weniger frei, weniger mitreißend, weniger schön. Weniger brasilianisch, mehr europäisch.

1994 und 2002 warf die neue Herangehensweise noch einmal zwei WM-Titel ab, mit Mannschaften, die sich weitaus weniger ins kollektive Fußballgedächtnis einbrennen konnten. Mit dem Verlust der fußballerischen Identität hat man auch Puristen – und davon gibt es unterm Zuckerhut viele – mehr und mehr verloren. Fragt mal Paulo Cesar Caju.

Brasilien bei der WM 1982

Pärchenbildung auf engem Raum: Eder, Zico, Serginho und Socrates (v. li.) bei der WM 1982.
imago sportfotodienst

Erfolg rechtfertigt zwar auch in Brasilien vieles, aber der bleibt ja seit über 20 Jahren aus. Bei der WM in Katar war erneut schon im Viertelfinale Schluss. Also zurück in die Zukunft, endlich?

Unter den Top-Trainern des europäischen Spitzenfußballs der Gegenwart ist Real Madrids Carlo Ancelotti der, dessen System am wenigsten rigide daherkommt. Individualismus führt seine Mannschaften zum Erfolg. Ihn hat sich die Seleçao ab 2024 gesichert.

Bis dahin übernimmt eine Interimslösung. Sie hört auf den Namen Fernando Diniz. Der Name des Erlösers, wie manch Purist sagen würde. Diniz, 49 Jahre alt und ehemaliger Erstligaspieler, lässt den Rio-Traditionsklub Fluminense seit anderthalb Jahren einen Fußball spielen, wie ihn selbst Brasiliens Oberhaus schon eine Weile nicht mehr gesehen hat. Erinnerungen werden wach.

Die, die nichts riskieren, riskieren am meisten.

Fernando Diniz

Einer der besten Trainer Südamerikas, der neue Chefcoach der Seleçao, stellt dabei den absoluten Gegenentwurf zu Europas gefeiertstem Fußballdenker Pep Guardiola dar. Wo der Katalane nach der absoluten Kontrolle lechzt, um Zufälle und die Wahrscheinlichkeit ungewollter Ereignisse zu minimieren, will Diniz genau das Gegenteil: Chaos. Unkontrolliertheit. Im “Dinizismo” soll der Vorteil aus der Unberechenbarkeit des Spiels entstehen.

“Die, die nichts riskieren, riskieren am meisten”, sagt Diniz, dessen Mannschaften man mit Zahlenfolgen à la 4-2-3-1 oder 3-1-4-2 kaum in Formationen pressen kann. Das ist der größte optische Unterschied: die Struktur. Oder besser gesagt: keine Struktur. Eine sich ständig ändernde Struktur. Diniz wird zum Hoffnungsträger des Relationismus hochgejauchzt, dem Gegenstück zum Guardiola’schen Positionsspiel. Es geht nicht um vorgegebene Raumaufteilung, sondern um das Verhältnis und die Abläufe zwischen den Spielern.

Einige Räume bleiben bei Diniz oft unbesetzt

Der Rechtsaußen taucht plötzlich neben dem Linksaußen auf, wenn sich das Zusammenspiel beider in diesem Moment als am aussichtsreichsten erweist, um sich in einem Raum durchzusetzen, der nichts mit der vermeintlichen Position dieser Spieler zu tun haben muss. Manchmal versammelt sich die halbe Mannschaft auf zehn mal zehn Metern, wenn sie so einen Vorteil generieren kann.

Die Struktur in Diniz-Mannschaften orientiert sich nicht am Raum, sondern am Ball. Seine Spieler warten nicht in gewissen Räumen auf den entscheidenden Zeitpunkt, sie bewegen sich zu einem gewissen Zeitpunkt in die entscheidenden Räume. Räume, die in anderen Spielsituationen einfach unbesetzt bleiben. Guardiola würde durchdrehen.

Fernando Diniz

Mindestens so hektisch wie Guardiola: Fluminense-Coach Fernando Diniz an der Seitenlinie.
IMAGO/Action Plus

Die Seleçao wird viele Doppelpässe spielen

“Geht’s raus und spielt’s Fußball” sagen und sich zurücklehnen – so funktioniert Diniz dann aber auch nicht. Natürlich lässt er seine Spieler nicht einfach nur machen. Dann wäre er überflüssig. Um vielleicht nicht Räume zu manipulieren, sehr wohl aber Situationen und Gelegenheiten, studiert auch er Grundprinzipien, gewisse Abläufe ein. Auch er will schließlich den Ball und das Spiel dominieren.

Da wären zum Beispiel Doppelpässe. Oft ist sein erster Passgeber der zweite Passempfänger. Das hebelt manchmal selbst organisierteste Verteidigungsreihen aus, die auf Anordnungen, die im Relationismus durch spontane Bewegungen neu entstehen, so schnell gar nicht reagieren können. Oder die “Escadinha” (zu Deutsch Treppe oder Leiter), wenn sich drei Spieler diagonal hintereinander in einer Linie positionieren. Ein fantastisches Stilmittel, um den Ball zu treiben und Linien zu überspielen. Und eines, das weitere Situationen für Doppelpässe erzeugt.

Auch im Dinizismo gibt es also Strukturen, hauptsächlich solche “Kurzzeit-Strukturen”, die plötzlich auftauchen und wieder verschwinden, die kaum ausrechenbar sind. Auch im Dinizismo gibt es noch Positionen, oder eher Rollen, die aber selten an bestimmte Zonen gebunden sind. Auch Diniz studiert seine Prinzipien ein und will sie umgesetzt sehen – ansonsten schreit auch er von außen rein. Das tut er oft.

Sein Stil würde sehr gut zur Seleçao passen.

Neymar über Fernando Diniz

Brasiliens neuer Nationaltrainer, der in der Nacht auf Samstag in der WM-Qualifikation gegen Bolivien erstmals an der Seitenlinie steht, lässt keine andere Sportart spielen. Doch er interpretiert sie auf eine weitgehend andere Weise als große Teile der restlichen Fußballwelt, die das europäische Positionsspiel adaptiert hat. Das galt auch für die Seleçao unter Tite, deren Raumaufteilung noch bei der WM in Katar an Luis Enriques Spanien erinnerte. Nun winkt eine 180-Grad-Neuausrichtung.

“Es ist eine große Umstellung, eine Herausforderung”, gab Verteidiger Danilo am Dienstag auf einer Pressekonferenz zu. “Aber ihm (Diniz) ist klar, dass die perfekte Umsetzung Zeit brauchen wird. Und ich kann sehen, dass es ihm das Wichtigste ist, dass sein Fußball den Spielern und den Fans Freude bringt.”

Neymar, Dani Alves

Brasiliens bis dato letzten WM-Titel erlebte Neymar (li.) als Zehnjähriger. Inzwischen ist er 31.
IMAGO/ABACAPRESS

Auch bei Brasiliens Superstar kommt Diniz an: “Meiner Meinung nach heißt der ideale Trainer für die brasilianische Nationalmannschaft Fernando Diniz”, sagte Neymar unlängst. “Sein Stil würde sehr gut zur Seleçao passen”, schwärmte der intuitive Freigeist. Ihm könnte die Rolle winken, die Diniz bei Fluminense Neymars ehemaligem Santos-Mitspieler Ganso einräumt – die des klassischen Zehners, taktisch pflichtbefreit. Frei, um seinen Ideen freien Lauf zu lassen. Das gibt es in Europa, wo Ganso beim FC Sevilla wie ein Fremdkörper wirkte, schon lange nicht mehr.

“Im heutigen Fußball geht es nur noch um die Taktik. Um Viererketten, tiefe Blöcke, mittlere Blöcke … Leute lernen ein halbes Dutzend dieser Begriffe auswendig und verändern damit, wie über Fußball gesprochen wird”, bezog sich Diniz jüngst auf die Norm unserer Zeit: “Wir verlieren das Herz des wahren Fußballs.” Der wahre Fußball – für ihn ist das der Relationismus, die Stärke von Verbindungen, das spontane Nutzen der Unberechenbarkeit.

Brasiliens erste Spiele unter Diniz

Die Gefahren sind die gleichen wie vor 40 Jahren

Berechnen lässt sich sein Erfolg mit dieser Herangehensweise, der bisher ziemlich unterschiedlich ausfiel. Zumindest vor Fluminense, wo er eine Durchschnittsmannschaft ohne die großen finanziellen Mittel mit atemberaubenden Fußball auf Platz drei in der Liga und zur Staatsmeisterschaft in Rio führte.

Sein Fußball, auf dem höchsten Niveau so einzigartig, lässt sich augenscheinlich nur mit dafür geeigneten Spielern spielen. Etwa mit brasilianischen Straßenfußballern. Mit Neymar. Mit Vinicius Junior oder Rodrygo von Ancelottis Real Madrid. Doch aufgepasst. Dinizismo ist riskant. Beißt sich an tiefstehenden Gegnern manchmal die Zähne aus. Ist anfällig gegen Mannschaften, die freie Räume ausnutzen und sauber kontern können. Genau damit hatte der Untergang dieser Spielweise in den 80er Jahren angefangen.

Niklas Baumgart

Vorwurf häuslicher Gewalt: Antony fliegt aus Nationalteam

Weil seine Ex-Partnerin schwere Vorwürfe erhoben hat, darf Manchester Uniteds Offensivmann Antony vorerst nicht mehr für die brasilianische Nationalelf auflaufen. Er selbst hält sich für unschuldig.

Absolvierte bislang 16 Länderspiele für Brasilien: Antony.

Absolvierte bislang 16 Länderspiele für Brasilien: Antony.

IMAGO/Propaganda Photo

Manchester United muss sich erneut mit schweren Vorwürfen häuslicher Gewalt gegen einen seiner Profis auseinandersetzen. Nach dem Wirbel um Mason Greenwood, der schließlich kurz vor dem Ende des Transferfensters zum FC Getafe verliehen wurde, steht nun Offensivmann Antony im Fokus.

Ex-Partnerin Gabriela Cavallin warf dem 23-Jährigen in einem Interview in Brasilien mehrere körperliche Angriffe zwischen Juni 2022 und Mai 2023 vor, unter anderem während ihrer Schwangerschaft. Der brasilianische Verband CBF strich Antony daraufhin aus dem Kader für die anstehenden Länderspiele in der WM-Qualifikation gegen Bolivien (Samstag, 2.45 Uhr MESZ) und Peru (Mittwoch, 4 Uhr MESZ) und nominierte Arsenal-Stürmer Gabriel Jesus nach.

“Aufgrund der am Montag bekannt gewordenen Tatsachen, in die der Stürmer Antony von Manchester United verwickelt ist und die untersucht werden müssen, und um das mutmaßliche Opfer, den Spieler, das brasilianische Team und den CBF zu schützen, teilt die Organisation mit, dass der Sportler aus dem brasilianischen Team gestrichen wurde”, heißt es in einem Statement des Verbands.

Antony spricht von “falschen Anschuldigungen”

Antony bestreitet die Vorwürfe. “Aus Respekt vor meinen Fans, Freunden und meiner Familie fühle ich mich verpflichtet, öffentlich über die falschen Anschuldigungen zu sprechen, denen ich zum Opfer gefallen bin”, teilte er über seine Social-Media-Kanäle mit. “Von Anfang an habe ich diese Angelegenheit ernsthaft und respektvoll behandelt und der Polizeibehörde die erforderlichen Erklärungen geliefert. Die polizeiliche Untersuchung findet unter dem Schutz der Justiz statt, und daher kann ich ihren Inhalt nicht öffentlich machen.”

Er könne jedoch “mit Gewissheit sagen, dass die Anschuldigungen falsch sind und dass die bereits vorgelegten und noch vorzulegenden Beweise zeigen, dass ich an den erhobenen Anschuldigungen unschuldig bin. Meine Beziehung zu Frau Gabriela war stürmisch, mit verbalen Beleidigungen von beiden Seiten, aber ich habe nie körperliche Aggressionen ausgeübt.”

Antony, der bislang 16 Länderspiele (zwei Tore) absolviert hat, war 2022 von Ajax Amsterdam zu ManUnited gewechselt und stand in der angelaufenen Premier-League-Saison jeweils in der Startelf von Trainer Erik ten Hag. Der englische Rekordmeister hat sich bislang nicht zu der Causa geäußert.

Brasilien trennt sich von Nationaltrainerin Sundhage

Pia Sundhage ist nicht mehr Nationaltrainerin Brasiliens. Infolge des peinlichen Vorrunden-Aus bei der Weltmeisterschaft hat der brasilianische Fußballverband CBF die Trennung von der Schwedin bekanntgegeben.

Konnte die hohen Erwartungen als brasilianische Nationaltrainerin nicht erfüllen: Pia Sundhage.

Konnte die hohen Erwartungen als brasilianische Nationaltrainerin nicht erfüllen: Pia Sundhage.

IMAGO/NurPhoto

“Mit dem heutigen Tag beenden wir Pias Arbeit mit dem CBF”, erklärte Verbandspräsident Ednaldo Rodrigues in einer Mitteilung vom Mittwoch (Ortszeit). Sundhages Vertrag lief eigentlich noch bis ins Olympia-Jahr 2024. Doch die Amtszeit der 63-Jährigen endet nach dem bitteren Vorrunden-Aus bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland vorzeitig.

Die Brasilianerinnen waren in der Gruppe F hinter Frankreich und Jamaika nur auf Platz 3 gelandet und verpassten damit erstmals seit 28 Jahren die K.-o.-Runde bei einer WM. 

Nachfolge-Lösung in den kommenden Tagen

Sundhage, die zuvor bereits die Nationalteams ihres Heimatlandes Schweden und der USA trainiert hatte, übernahm den Posten als brasilianische Nationaltrainerin kurz nach der WM 2019. Auch bei den Olympischen Sommerspielen 2021 in Tokio scheiterte sie mit den Brasilianerinnen vorzeitig. Immerhin gelang unter ihrer Regie der Gewinn der Copa America 2022.

Wie der brasilianische Verband mitteilte, soll in den kommenden Tagen eine Nachfolgelösung präsentiert werden. Das neue Trainerteam soll Brasilien zu den Olympischen Spielen in Paris 2024 und der Weltmeisterschaft 2027 führen.

Viel mehr als Doncic: Die Gesichter der WM

Zahlreiche große Namen wie Nikola Jokic oder Giannis Antetokounmpo glänzen bei der WM durch Abwesenheit – dennoch gibt es frische Gesichter, die dem Turnier ihren Stempel aufdrücken könnten.

Gruppe A: Euphorie, Erfahrung, Heimvorteil?

Die Philippinen sind einer der Gastgeber der WM – und so ganz nebenbei verrückt nach dem Sport. Die Euphorie daher ist riesengroß und die Hoffnungen ins eigene Team auch. Hoffnungsträger ist zweifellos Jordan Clarkson. In der NBA bestach der Guard zuletzt mit im Schnitt 20,8 Punkten für die Utah Jazz, im Team der Philippinen, dem Heimatland seiner Mutter, muss der 31-Jährige aber einen Großteil der Last tragen.

Die Hoffnungen auf das Überstehen der Vorrunde sind groß, jedoch dürfte das nicht so leicht werden. Favorit in Gruppe A ist Italien, das trotz der nicht unerheblicher Nebengeräusche um die Absage von Paolo Banchero, der sich kurzerhand doch für Team USA entschied, eine schlagkräftige Truppe beisammen hat. Simone Fontecchio, Nicolo Melli und Luigi Datome haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie eine verschworene Gemeinschaft sind und immer wieder für eine Überraschung gut – da kann man auch den Ausfall von Danilo Gallinari durchaus verkraften.

Und dann wäre da noch Karl-Anthony Towns. Der Power Forward der Minnesota Timberwolves läuft für die Dominikanische Republik auf und ist wahrscheinlich der größte Name in der Gruppe. Der 27-Jährige fehlte zwar lange in der Nationalmannschaft, allerdings funktionierte in der WM-Vorbereitung das Zusammenspiel mit seinen Kollegen gut. Die Dominikaner sind bei Endrunden auch erfahrener als die Philippiner. Erfahrung oder Heimvorteil – was setzt sich durch?

Gruppe B: Anderson spielt für das Land seines Ur-Großvaters

Auch wenn Serbien ohne Superstar Nikola Jokic und Spielmacher Vasa Micic antritt, dürfte das Team in Gruppe B das Rennen machen. Den Adlern von Star-Trainer Svetislav Pesic fehlt es zwar an Star-Power, dafür aber überzeugten die Adler in der Vorbereitung als Team – gerade defensiv präsentierte sich Serbien bislang viel stabiler als noch bei der EM im Vorjahr, als man überraschend früh scheiterte. Mit Center Nikola Milutinov und Guard Bogdan Bogdanovic sind aber zwei Leader dabei, die der jungen Mannschaft Führung geben können. Durch das Fehlen der arrivierten Größen bietet sich auch Spielern wie Nikola Jovic (Miami Heat) die Gelegenheit, sich zu zeigen.

Die Nummer 1 in China: Li Kaier aka Kyle Anderson.

Die Nummer 1 in China: Li Kaier aka Kyle Anderson.
IMAGO/VCG

Auf serbische Expertise vertraut man auch in China, wo Trainer Sasa Djordjevic an der Seitenlinie für gewöhnlich leidet. Für China läuft auch Kyle Anderson auf. Der 29-Jährige nahm die chinesische Staatsbürgerschaft an und soll das Team anführen – als Rückennummer suchte sich Forward der Minnesota Timberwolves die Nummer 1 aus. Anderson, der den chinesischen Namen Li Kaier erhielt, ist aber kein klassischer gekaufter Star, wenngleich er unbestätigten Berichten zufolge eine Million US-Dollar als Entscheidungshilfe erhalten haben soll. Anderson hat auch in der Tat chinesische Wurzeln: sein Ur-Großvater mütterlicherseits stammte aus dem Reich der Mitte.

Südsudan und Puerto Rico verfügen nicht über große Namen, können daher befreit aufspielen. 

Gruppe C: USA und Zweitklassigkeit

In Gruppe C findet sich Team USA wieder, das nicht nur der Favorit in der Staffel ist, sondern auch für die Gold-Medaille. Die Amerikaner um den kommenden Superstar Anthony Edwards haben zwar nicht die ganz großen Namen dabei, dafür aber einen sehr gut zusammengestellten Kader mit vielen tollen Spielern, inklusive drei NBA-All-Stars. Die Griechen müssen neben Giannis Antetokounmpo auch auf weitere bekannte Namen (Nick Calathes, Kostas Sloukas, Tyler Dorsey) verzichten.

Die Hellenen müssen improvisieren, dürften den USA aber diesmal nicht allzu viel entgegenzusetzen haben. Allerdings meinte es die Losfee gut mit ihnen, da mit Neuseeland und Jordanien zwei Teams mit in der Gruppe sind, die international eher zweitklassig sind.

Gruppe D: Sabonis schmerzlich vermisst

Litauen muss in Gruppe D ohne Domantas Sabonis auskommen, weiß aber zumindest Jonas Valanciunas in den eigenen Reihen. Die Balten haben Schwächen im Backcourt, dürften dank ihrer Dominanz unter dem Korb aber klare Vorteile in ihrer Gruppe haben. Größter Konkurrent der Litauer dürfte Montenegro mit Nikola Vucevic von den Chicago Bulls sein. Für Ägypten und Mexiko dürfte das Turnier wohl eher unter dem Motto “Dabei sein ist alles” laufen.

Gruppe E: Harte Brocken für DBB-Riesen

Deutschland hat ein hartes Los erwischt. Der gemeine Sport-Fan verbindet Australien, Finnland und Japan wahrscheinlich nicht unbedingt mit Basketball, doch gerade in Down Under ist das nicht der Fall. Die Australier dürften Bundestrainer Gordon Herbert Kopfschmerzen bereiten. Sie sind mal wieder mit ihren Veteranen Patty Mills und Joe Ingles am Start, die ein talentiertes Team um Josh Giddey (Oklahoma City Thunder), Josh Green (Dallas Mavericks) und Matisse Thybulle (Portland Trail Blazers) gut ergänzen und in kniffligen Momenten auch führen können.

Die Finnen haben mit Lauri Markkanen eine echte Scoring-Maschine in ihren Reihen, die an einem guten Tag dem Gegner auch mal locker 40 Punkte einschenken kann. Die WM-Teilnahme ist übrigens nicht der erste Dienst am eigenen Land, die der 26-Jährige in diesem Jahr leistete, in der Off-Season absolvierte er auch schon seinen Militärdienst.

Dann wäre da noch WM-Gastgeber Japan, der allerdings auf Rui Hachimura (Los Angeles Lakers) verzichten muss, dafür ist aber Yuta Watanabe (Phoenix Suns) dabei. Nippon ist zwar sicher nicht zu unterschätzen, dürfte aber in dieser Gruppe nur Außenseiterchancen haben.

Gruppe F: Kleinstes Land mit größtem Spieler

Luka Doncic

Der Topstar der WM: Luka Doncic.
IMAGO/ZUMA Wire

In Gruppe F findet sich mit Luka Doncic der größte Star der WM wieder. Der 24-jährige Guard von den Dallas Mavericks ist das Gesicht Sloweniens – und läuft regelmäßig im Nationaltrikot heiß. Durch die Gruppe dürfte das Team relativ leicht kommen, allerdings ist unklar, wie viel Saft die Slowenen im Tank haben. Viel hängt von Doncic ab, zumal Goran Dragic mittlerweile seine Nationalmannschaftskarriere beendet hat und Vlatko Cancar (Denver Nuggets) verletzt fehlt.

Auf Platz zwei schielen gewiss die Georgier, die mit Tornike Shengelia einen erfahrenen Euroleague-Spieler in ihren Reihen haben, zudem unter dem Korb auf Sandro Mamukelashvili (San Antonio Spurs) und Goga Bitadze (Orlando Magic) vertrauen können. Kurios wird es bei den Kap Verden, die als kleinstes Land bei diesem Turnier den größten Spieler stellen: Walter Tavares. Der 31-jährige Euroleague-Finals-MVP von Real Madrid misst satte 2,21 Meter und hat eine Spannweite von 2,36 Meter. Ob das den Kap Verden für das Überstehen der Vorrunde reichen wird, dürfte jedoch fraglich sein. Underdog in der Gruppe ist wohl Venezuela, das überwiegend auf heimische Spieler zurückgreifen muss. 

Gruppe G: Alte Haudegen en masse

Spanien gewann die EM im vergangenen Jahr am Ende souverän – vor dem Turnier waren die Iberer dabei alles andere als favorisiert. Erfolgscoach Sergio Scariolo bewies dann aber ein feines Händchen und führte das Team ein weiteres Mal ganz nach oben. Die Iberer werden sich auch bei der WM Chancen ausrechnen, wenngleich sie ohne ihre besten Point Guards Ricky Rubio und Lorenzo Brown am Start sind. Dafür sind mit Santi Aldama (Memphis Grizzlies) und Usman Garuba (Houston Rockets) zwei große Talente dabei. Dazu können sich die Spanier auf die erfahrenen Hernangomez-Brüder Willy und Juancho sowie Sergio Llull und den mittlerweile 38-jährigen Rudy Fernandez.

Zwei Jahre älter ist indes Marcelinho Huertas, der noch immer die Schnüre für Brasilien schnürt. Huertas spielt bei den Südamerikanern aber nicht mehr die erste Geige, dafür ist das Team schlichtweg zu gut und ausgeglichen besetzt. Die Brasilianer zeigten in der Vorbereitung gegen Serbien, dass sie ein ernsthafter Gegner für jeden sein können – sie unterlagen erst in den Schlusssekunden.

Mit dem 38 Jahre alten Hamed Haddai verfügt auch der Iran über einen alten Haudegen, realistische Chancen dürften die Iraner aber ebenso wenig haben wie die Elfenbeinküste, die ohne Mo Bamba (Philadelphia 76ers) antreten müssen. Der 25-Jährige wurde zwar berufen, entschied sich aber gegen eine Teilnahme.

Gruppe H: Die Hammergruppe?

Starke Truppe: Die Kanadier RJ Barrett und Shai Gilgeous-Alexander (re.).

Starke Truppe: Die Kanadier RJ Barrett und Shai Gilgeous-Alexander (re.).
IMAGO/Susanne Hübner

Zu guter Letzt wäre da noch die Gruppe H, in der sich die aufstrebenden Kanadier befinden. Die Ahornblätter müssen zwar den Ausfall von Jamal Murray (Denver Nuggets) verkraften, dürften diesen aber gut kompensieren können, findet sich in dem bärenstarken Kader doch jemand wie OKCs All Star Shai Gilgeous-Alexander wieder. Weitere NBA-Power für Kanada bringen RJ Barrett, Dillon Brooks, Luguentz Dort, Kelly Olynyk und Dwight Powell aufs Parkett.

Seit vielen Jahren gehören die Franzosen zum engen Favoritenkreis für die Medaillen. Das ist diesmal nicht anders. Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris kommen die Franzosen mit einer sehr erfahrenen Truppe, in der sich Leute wie Rudy Gobert, Nicolas Batum, Evan Fournier und Nando de Colo wiederfinden. Mit Joel Embiid und Megatalent Victor Wembanyama fehlen aber zwei richtig prominente Spieler im Kader, der aber trotzdem stark und erfahren genug sein dürfte, um eine wichtige Rolle spielen zu können.

Lettland fehlt zwar mit Kristaps Porzingis der größte Star verletzungsbedingt, dafür ist aber Veteran Davis Bertans dabei. Die Letten sind Dauergast bei großen Turnieren und können sich für gewöhnlich auf ihre Distanzschützen verlassen – und laufen sie von draußen heiß, sind sie für jeden ein Problem. Für den Libanon geht es in dieser Gruppe primär darum, nicht in jedem Spiel abgeschossen zu werden.

“Gewinnerin auf großen Bühnen”: Geyse wechselt zu ManUnited

Manchester United hat den Transfer von Stürmerin Geyse in trockene Tücher gebracht.

WM-Teilnehmerin: Geyse im Spiel gegen Jamaika.

WM-Teilnehmerin: Geyse im Spiel gegen Jamaika.

IMAGO/Sports Press Photo

Vom spanischen ins englische Oberhaus: Der seit geraumer Zeit erwartete Wechsel der brasilianischen Nationalspielerin Geyse da Silva Ferreira vom FC Barcelona zu Manchester United ist am Freitag über die Bühne gegangen. Die 25-Jährige stürmt künftig in der Women’s Super League.

“Hier bei United zu unterschreiben, bedeutet mir und meiner Familie sehr viel”, wird Geyse in der Medienmitteilung der Red Devils zitiert. Ihr künftiger Trainer Marc Skinner bezeichnete den prominenten Neuzugang als “echte Gewinnerin auf großen Bühnen. Sie hat sowohl auf Klubebene als auch international Erfolge gefeiert, ihre Siegermentalität ist ein wichtiger Zugewinn für unser Team vor einer schweren Saison mit vielen Wettbewerben.” Mit einem Auswärtsspiel bei Aston Villa steigt ManUnited am 1. Oktober in diese neue Spielzeit ein.

Mit Barça erfolgreich, mit Brasilien gescheitert

Nach dem Gewinn von Meisterschaft und Champions League (3:2-Finalsieg gegen Wolfsburg) mit Barça und nur einer Saison im Dress des katalanischen Renommierklubs zieht Geyse also weiter nach England. 

Auf internationaler Ebene kann die Stürmerin auf den Gewinn der Copa America Femenina mit Brasilien im verganenen Jahr verweisen. Kürzlich scheiterte sie mit ihrem Heimatland bei der WM in Australien und Neuseeland überraschend in der Gruppenphase (drei Einsätze, kein Tor).